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756 Zeitschrift für Parapsychologie. 12. Heft. (Dezember 1927.)
viel anders sind als die, die wir z. B. auf Grund von theosophischer Schulung
erhalten haben; es bleibt natürlich immer die Frage, inwieweit solche Schilderungen
jenseitige Zustände, Landschaften usw., wenn sie wirklich nicht sind, auf das
Imaginationsvermögen einzelner zurückzuführen bzw. wieweit sie für jene andere
Welt real sind. In dieser Hinsicht hat Herr Prof. Walter, da heute die katholische
Wissenschaft die Fortschritte der modernen parapsychologischen Forschung
mit großer Aufmerksamkeit verfolgt, wenig Grund, von „Phantastik und Köhlerglauben
" zu reden. Man beacMe, daß z. B. Gatterer noch immer die auf Thomas
von Aquino und Aristoteles gegründete Pfoiiosophia perennis als die alleinige
Grundlage alles Wissens hält und der okkulten Forschung zumutet, ihre Resultate
in diesem Sinne zu korrigieren. Demgegenüber hat der wissenschaftliche
Okkultismus alle Ursache, sich bei seinen Forschungen in keiner Weise von dieser
Seite beeinflussen zu lassen, also auch nicht in Urteilen, die von hier aus über
dieses oder jenes Werk der Vergangenheit abgegeben werden. H. H ä n i g.
Eine absonderliche Erklärung des Rätseis von Konnersreuth versucht der
Berliner Forscher Dr. Felix Teilhaber. Er fuhrt die dort aufgetretene Stigmatisation
auf Erkrankung an Skorbut zurück, die wiederum durch das anhaltende
Fasten hervorgerufen worden sei. Nur Gedankenlosigkeit kann solche Behauptungen
aufstellen, denn diese Erklärung läßt gänzlich außer acht, daß die Wundmale
sich nur an bestimmten Tagen zeigen, ferner daß sie auf bestimmte Körperstellen
beschränkt sind und daß damit das psychische Beiwerk in keiner Weise
erklärlich gemacht wurde. — Bei dieser Gelegenheit kann an den Kampf erinnert
werden, den seinerzeit San.-Rat Moll um die Anerkennung der Echtheit der
Stigmatisation gegen seine Berliner Berufsgenossen zu führen hatte. Als er auf
einer Berliner Aerzteversammlung die künstliche Erzeugung solcher Wundmale
mittels der Suggestion zu erweisen trachtete, um damit den autosuggestiven Charakter
solcher Hautblutungen darzutun, ward er nur belächelt. Es widerfuhr
ihm damals dasselbe Schicksal, das der gealterte Forscher dem jungen „parapsychologischen
" Nachwuchs zu bereiten trachtet. Damais tobte ein hefüger Kampf,
n dessen Mittelpunkte die stigmatisierte Nonne Lateau stand. Zu den leidenschaftlichen
Verfechtern der Betrugshypothese gehörte der Med. Rat Karsch und leider
auch Virchow. Heute wissen wir, daß der Beschuldigten bitter Unrecht geschehet
ist. Wen erinnert dies nicht an die Verdächtigung, der sich heute die physikalischen
Medien ausgesetzt sehen? W.
Die wrJire Todesursache Coues. Ein Berliner Wanderredner setzt die unwahre
Behauptung in Umlauf, daß der Vorkämpfer der Psychotherapie, Coue, an
einer Nikotinvergiftung gestorben sei. Auf Grund einer Erkundigung
bei Prof. Baudouin, der gewissermaßen das Apostolat für die Coueschen Ideen
übernommen hat, kann festgestellt werden, daß die obige Behauptung nicht zutrifft
, sondern daß Coue das Opfer einer Arbeit mberbürdung geworden ist, was
vollkommen glaubhaft erscheint, wenn man sich vor Augen hält, wie groß die
Zahl der Hdlungsuchenden war, die täglich zu ihm pilgerte. Allerdings wird
«Wamit zugleich erwiesen, daß man sich durch Couesche Heilformeln, wie das Beispiel
des Meisters erweist, wohl über die Symptome eines Leidens hinwegtäuschen
kann, daß jedoch das Grundleiden oder die Erschöpfungszustände dennoch ihr
Zerstörerwerk fortsetzen können. W.
Die Daumschrauben für Medien! Ein Grazer Hochschullehrer, dessen Namen
ich aus Gründen der Landsmannschaft nicht der allgemeinen Beachtung preisgeben
möchte, ließ eine Betrachtung über den ländlichen Aberglauben früherer
Zeiten in folgenden Lobspruch auf die gute alte Zeit ausklingen: „Ohne Nachprüfung
in der unerbitt i:hen Helle des Ge i htssaa'.es geht der Meinung st ei. über
die Wirklichkeit oder Unwirklichkeit angeblich okkulter Erscheinungen in ermüdender
Breite fort. Da hatte es die Vergangenheit entschieden besser. Oder
sollte die .gütliche Vernehmung mit Bedrohung des Daumstocks* nicht auch heute
in manchen umstrittenen Fällen eine plötzliche, für manche Voilüberzeugte
.schmerzliche Klärurg bringen?"
Zu welchen Geschmacklosigkeiten sich doch solch ein fanatischer Betrugs-
hypothetiker verleiten läßt! Noch dazu sind solche noblen Späße sinnwidrig, denn
heute weiß selbst der Oebirg^dörfler, daß durch die peinliche Befragung mit der
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