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Fachliteratur des Auslandes

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Der Versuch des Universitätsprofessors Dr. Anton Seitz, München,
„Geistermaterialisationen" durchweg als Halluzinationen zu erklären, dürfte
zweifellos als der schwächste Aufsatz des sonst sehr lesenswerten Heftes zu
bezeichnen sein. Die Lösung des Spukrätseis als „eine Projektion sinnlicher
Nervenenergie" ist all/u einfach und wird viel zu wenig begründet Sünner.

Fachliteratur des Auslandes.

The British Journal of Psychical Research. September/Oktober 1927.

Schluß des Artikels über Stigmatisation von George E. Browne. Der
Verfasser gab einleitend eine kurze Uebersicht über die Geschichte der Stigmatisation
, mit Franziskus von Assisi beginnend bis zu Padre Pio of Foggia, der gegenwärtig
in einem italienischen Kapuzinerkloster lebt. Den Fall von Konnersreuth
kennt der Autor offenbar noch nicht. Der Darstellung der Geschichte folgt ein
Ueberbück über die bekannten Suggestions-Experimente, Janets, Dr. KrafftEbings,
Oharcots, Schrenck-Notzings u. a.

Browne kommt zu dem Schlüsse, daß über den hysterischen Charakter des
ekstatischen Trance kein Zweifel ist, aber die religiös Stigmatisierten zeigen nicht
die zwecklose Simulation von wirklichen Krankheiten, wie die Hysterischen der
Kliniken — die Stigmatisation ist in gewissen Sinne willkürlich. Es ist hierbei
keine Suggestion unter Hypnose notwendig. Die stets gegenwärtige fixe Idee,
der brennende Wunsch, die Leiden des Herrn zu teilen ist für das Unterbewußtsein
eine mächtige Autosuggestion, die bereitwillig aufgenommen wird und sich in der
gewünschten Form auswirkt. Die Stigmatisation, sagt Imbert-Gourbeyre, wird
nicht nur lang vorbereitet, sie wird auch in mancher Weise angekündigt und wiederholt
versprochen. So hatte die heilige Veronika Giuliani bei verschiedenen Gelegenheiten
die Vision eines Kelches, welcher ihr von dem Herrn angeboten wurde und
nicht lange danach empfing sie die Stigmata. Der Kelch wurde auch der seligen
Katharina de Racconigi angeboten, aber die Stigmatisierung fand erst zwanzig Jahre
später statt. Letzteres ist tun extremes Beispiel. Gewöhnlich liegt eine Zeit von ein
bis drei Jahren zwischen dem ersten Gefühl der Schmerzen von Wunden bis zur
Lntwicklung der Wundmale, ein Zeichen, daß der Schlußeffekt das Resultat lang
fortgesetzter Suggestion ist. Die Fälle, in welchen keine äußeren Male erscheinen,
/eigen, daß trotz der äußersten Anstrengung des Unterbewußtseins es ihm nicht
gelungen ist, die Herrschaft über das vasomotorische System zu erlangen, die notwendig
ist, gesundes Fleisch in eine offene Wunde zu verwandeln.

Die Zeit für die Festsetzung der Idee und für die allmählige Entwicklung dei
Herrschaft über den körperlichen Mechanismus ist also ein wesentlicher Faktor
Alles weist darauf hin, daß ein dissoziativer Prozeß vorgeht, der in einigen Fällen
zu einer Persönlichkeitsspaltung führt, zuerst ist es die heftige Inbrunst, welche
ihren Ausweg findet in der Betrachtung der Passion. In der Wiederholung wird die
Vertiefung in solche Kontemplation leichter und stärker; schließlich wird sie so
vollständig, daß jede Empfindung für äußere Einflüsse verschwindet und Ekstase
oder Trance erfolgt. In diesem Stadium werden die Vorstellungen, welche die Seele
des Mystikers erfüllen, nicht mehr mit äußeren Dingen assoziiert; sie spalten sich
von dem Inhalt des Wachbewußtseins ab und können nur als Erinnerung an einen
Traum zurückgerufen werden. Die so isolierten Ideen werden in jedem Trancezustand
zahlreicher; sie formen sich schließlich zu einem vollständigen System und
bilden eine eigene Personalität, welche nun unbarmherzig den Körper für ihre
eigenen Zwecke benützt. Nur im Trancezustand hervorbrechend erfreut sie sich
der Befriedigung ihres Verlangens, nämlich teilzunehmen an der Passion und überläßt
es dem Wachbewußtsein, die Qual des Körpers zu tragen, den sie gelähmt
hat.... •

Zwischen dem mediumistischen Trance und der Ekstase der Stigmatisierten
ist eine große Aehnlichkeit. In extremen Fällen sind beide durch einen halbkata-
leptischen Zustand markiert, welcher oftmals mit lokaler Hyperästhesie verbunden
ist. Es ist dieselbe außergewöhnliche Helligkeit der mentalen Vision vorhanden,
dieselbe Kraft der Dramalisation. Das Medium eignet sich die körperlichen Zustände
der sich Mitteilenden an; die Berichte erwähnen oftmals deren Qualen und
Leiden, welche die Medien fühlen. Die Stigmatisierte fühlt die Schmerzen des Er-


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