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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1927/0780
760 Zeitschrift für Parapsychologie. 12. Heft. (Dezember 1927.)

lösers, mit dessen Leiden sie sich erfolgreich identifiziert hat und ist nicht befriedigt
, bis nicht das Herz still steht und die Glieder erstarren in der Simulation
des Todes. In einigen Fällen des ektstatischen Trance zeigt sich Hellhören und
Hellsehen, nicht aber der große Umfang der Kenntnisse, den wir im mediumisti-
schen Trance beobachten. Das Hellsehen der Stigmatisierten ist auf das enge Feld
ihrer Visionen beschränkt.

Was die physikalischen Phänomene der Stigmatisation betrifft, so ist es schwieriger
, zu einer befriedigenden Erklärung zu kommen. Ueber den Vorgang, in
welchem gesundes Gewebe in solch blutende Wunden aufgelöst werden kann, wie
sie Domenica Lazzari zeigte, kann uns der Physiologe nur wenig sagen. Besser
zu erklären ist dde Form der Wundmale. Sie sind Darstellungen, welche von Bildern
und dem Kruzifix abgenommen sind. So sieht man im Falle der Gemma Galgani die
Wunden wie porträtiert von einem großen Kruzifix, vordem siegewöh J en betete.
Die Stigmata sind ein wahres Faksimile der auf dem KruzLix dargestellten Wunden.

Der Autor weist auch auf die modellierten Simulacra der Nägel hin, wie sie
im Falle des St. Franziskus von Assisi, dann bei Louise Lateau, Domenica Lazzari,
Gemma Galgani gefunden wurden. Diese Versuche seitens des Unterbewußtseins
erinnern sehr an die Phänomene der Materialisation. Der ideoplastische Prozeß
scheint dem zu entsprechen, was Dr. G e 1 e y in seinem Werke „Vom Unbewußten
zum Bewußten" behauptet hatte. Main kann seine Worte wohl auf die Stigmatisation
anwenden: „Die unterbewußte leitende Idee zeigt sich befähigt, in supra-
uormalen Zuständen, vorübergehend die organische Substanz zu desintegrieren und
in neuen Darstellungen zu reorganisieren."

Nach Erwähnung der Wundmale, welche durch die Lanze erzeugt wurden,
am Herzen der Stigmatisierten, Wunden, welche sogar nach dem Tode noch bestanden
, kommt der Autor auf das interessante Phänomen des mystischen Verlobungsringes
zu sprechen. Die Vision, in welcher der Herr der Dienerin Gottes
einen Ring ansteckt als Zeichen ewiger Treue, war in den Zeiten des Glaubens
bekannt. Wir haben in der Heiligenlegende einige fünfzig Berichte solcher mystischer
Verlobungen. Llngefähr 40 hiervon betreffen Stigmatisierte. In der Mehrzahl
dieser Fälle war die Kraft der Phantasie zur Erzeugung des Bildes des visionär
geschauten Ringes unzureichend, aber in zwölf Fällen haben wir eingehende Beschreibungen
über die Bildung dieses seltsamen Ornamentes auf der lebenden Haut
des Fingers. Merkwürdig wird in einigen Beispielen, wie bei der Colombe Schönath
(1764) behauptet, daß der Ring so hart wie Gold ist. Der Domimikaner-Provinzial
besuchte die Colombe im Kloster und untersuchte den Ring am Finger mit einem
Taschenmesser; der Ring war hart und es war unmöglich zu bestimmen, aus welchem
Material er gefertigt war. In manchen Fällen schien sogar ein Versuch einer
Dermographie gemacht worden zu sein, wie bei der Katharina de Racconigi, bei
welcher das Wort „Fides" in rohen Buchstaben, erschien. Man möchte geneigt
sein, solche Berichte als völlig legendär anzusehen, wenn nicht ein oder zwei
moderne Fälle das Gegenteil bewiesen.

Ein gewisser Dr. Dauverne, Arzt in Manosque (Basses Alpes) publizierte 1877
•f in den „Annales de Dermatologie" einen Artikel über unverständliche Affektionen
der Haut und gab einen detaillierten Bericht über eine seiner Patienten, Celestine
Fenoual, welche mit den fünf Wunden und der Dornenkrone stigmatisiert war.
Fünf Jahre später hatte sie die Vision der mystischen Verlobung und entwickelte
auf dem Ringfinger eine kreisrunde Linie von lebhafter Röte, besetzt mit dünnen
Kreuzen. Ueber dem Ring war ein Herz, das von vier Schwertern durchbohrt wurde.
Der Ring schien besonders Sonntags glänzend. Er war nicht aus geronnenem Blut
gebildet, sondern schien eine Verdickung der Epidermis zu sein.

Ein anderer Fall: Die (1873) Stigmatisierte Marie Juli Jahenny war
17 Jahre lang unter ärztlicher Beobachtung Imbert-Gourbeyres. Der Ring wird
von ihm beschrieben als ein Band von lebhafter Röte um den Ringfinger der
rechten Hand. Einige Monate vor der Erscheinung des Ringes kündigte Marie an,
daß sie mit der mystischen Verlobung ausgezeichnet werden würde. Mitte Januar
setzte sie das Datum des Tages auf den 20. des folgenden Monats fest und forderte,,
daß Zeugen bei dieser Gelegenheit anwesend sein sollten: „iJ faudra, quil vienne des
hommes ce jour lä."

Zwölf Tage vor dem großen Tag erzählte die Mutter des Mädchens dem Abbe
David, daß bereits ein Ring an der rechten Hand erschienen sei. Man fand ihn in der


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