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766 Zeitschrift für Parapsychologie. 12. Heft. (Dezember 1927.)
Auch mit dem „Dogma" befaßt sich der Mediziner Dr. Kröner. Auf Seite 6
der Broschüre des Verlags der „Aerztlichen Rundschau" heißt es:
„Schlagwörter und ihre Superlativform, das »Dogma*, treffen wir noch
immer da, wo der Mensch vor unbekannten Mächten der Außen- oder Innenwelt
in schützende Formeln flieht."
Die „Dogmen" sind die vom offiziellen Lehramt der katholischen Kirche
genau formulierten Glaubens- und Sittenlehren, die sie aus der Heiligen Schrift
und der Tradition — den zwei schon rein natürlich wissenschaftlich in ihrer Echtheit
und Verlässigkeit beglaubigte.! Quellen — schöpft. Wenn daher Dr. med.
Kröner das „Dogma" als „eine Superlativform der Schlagwörter" insultiert, so
spricht er damit eine schwere Kränkung gegen die katholische Kirche als solche
sowie gegen die gläubigen Katholiken und wie überhaupt gegen das religiös
Empfinaen der gebildeten Welt aus. Außerdem beweist der Verfasser, daß ihm
auch der Begritf „Dogma", dessen Kenntnis sich leicht verschaffen läßt, ein
„verschwommener Begriff" ist. Das wirkt sich bei der Lektüre um so komischer
aus, als Dr. Kröner im gleichen Zusammenhang und unmittelbar vorausgehend
Goethe zitiert mit den Worten:
„Denn gerade, wo Begriffe fehlen, da stellt ein Wort zur rechten Zeit sich
ein." (Von Dr. Kröner zitiert Seite 5, Zeile 14 und 15!)
Es ist und bleibt immer ein Unglück, wenn ein Nlchtfachmami sich auf
theologische Dinge einläßt, wie sie nun einmal mit der Frage „Konnersreuth"
verbunden sind. Die Peinlichkeit wächst, wenn dieser Nichttheologe als Pantheist
und theosophisch orientierter Interessent sich offenbart. Dr. Kröner schreibt:
„Müßige Frage. (Die Frage nach dem Wesen Gottes. Die Schriftleitung
.) Wir wissen nur eins. Da ist unsere Seele____ Und darum ist in ihr
alles: Gott und Welt und Ich und Du, und darum ist sie alles: Gott und
Welt und Ich und Du. Tat twam asi." (Seite 90.)
Mit anderen Worten: Dr. Kröner leugnet den Unterschied zwischen Geschöpf
und Schöpfer. Er leugnet den persönlichen Gott. Wie kann er dann noch eine
Beziehung zur übernatürlichen Welt, zum Wunder, oder zu einer nicht natürlichen
Deutung von Konnersreuth finden? Seite 91 fährt er weiter:
„Wir wissen nur, daß wir sind... Aber nicht woher, wohin, wozu! Und
dann mag uns der theologische Streit, ob Wunder oder nicht, ob Gott oder
Naturgesetz, nichtig dünken wie jeder papierene Krieg mit Dogmen und
Schlagwörtern."
Nachdem Dr. Kröner hiermit den Ast absägte, auf dem er saß, indem er
seine weltanschauliche Voreingenommenheit aus dem Sacke läßt und indem er
über Dinge schreibt, für die er als Mediziner nicht kompetent ist und die er
wirklich nicht versteht, befreit er den Leser von den letzten Zweifeln über seine
weltanschauliche Verfassung und über die „Lösung des Rätsels von Konnersreuth"»
indem er (Seite 91) meint:
4 „Wir wissen, daß der Ablauf der Naturgesetze durch eine höhere Willenspotenz
kausal beeinflußt werden kann. Oo diese Potenz das „Es", ein „Spirit"
oder „Gott" ist, können wir nicht entscheiden. ... Sind die Phänomene auf
ethischem Boden erwachsen und wirken sie ethisch? Das Ethos ist für uns
eine Kraft mit festen Gesetzen .. Diese Physik des Mentalen heißt „Karma".
Und Karma eines Menschen, sowie Karma der Menschheit ist es, was sich in
den Vorgängen von Konnersreuth manifestiert."
Es bedurfte also eines Vorworts eines Universitätsprofessors und einer Publikation
des Münchener „Verlags der Aerztlichen Rundschau", damit Dr. med.
Kröner im Mantel „parapsychologischer Studien" und unter Prokrustesmethoden
gegenüber dem „Rätsel von Konnersreuth" sein Bekenntnis für „Karma", für
indischen Monismus und für Theosophie machen konnte! Was das mit medizinischer
Wissenschaft und wissenschaftlicher Unvoreingenommenheit und mit dem
Fall Konnersreuth, diesem „Neuland der Wissenschaft" zu tun hat, ist schleierhaft.
In Nr. 334 vom 31. Oktober bringt unser Mitarbeiter Prof. Dr. Ludwig,
Freising, folgende (von uns gekürzte) Besprechung:
Was in dieser Schrift vom katholischen Standpunkt aus zu beanstanden ist,
die wegwerfende Art, wie über Dogma und kirchlichen Wunderbegriff geredet
wird, hat der „Bayer. Kurier" (Nr. 298) mit ReoM bereits gerügt. Dem Verfasser
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