http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1928/0017
1. Heft.
Januar 1926
Berichte über Spontanphänomene.
Die Spukerscheinungen in Kotterbach und Nikolsburg.*)
Die Lokalpresse von Brünn beschäftigte sich vor einiger Zeit mit paraphysischen
Phänomenen, die in der dortigen Gegend beobachtet wurden. Wir sind
in der Lage, den Bericht eines Augenzeugen auszugsweise hier wiedergeben zu
können. Der Verfasser des uns vorliegenden Manuskriptes, von Beruf Fachlehrer
, hielt sich zufällig während der Ereignisse in der betroffenen Familie
auf. Er hebt mehrmals hervor, daß die sehr einfachen Bewohner des Dorfes
Kotterbach den Erscheinungen wie einem über sie verhängten Unglück gegenüberstanden
, daß sie nur schwer zu bewegen waren, in der auffallend starken
medialen Veranlagung des dreizehnjährigen Knaben Tibor keinen Teufelsspuk
zu sehen. Da sie nie im Leben etwas gehört hatten von derartigen Phänomenen,
gaben sie aus Scheu vor böser Nachrede schließlich überhaupt keinen Einblick
mehr in die Geschehnisse und leugneten sie trotz tiefgehendster Bestürzung und
Hilflosigkeit.
Wir lassen dem seinerzeitigen Beobachter, Herrn Hans Wratnik aus Brünn
nun selbst das Wort:
„Zu Beginn meiner Ausführungen muß ich erklären, daß ich mich vorher
nie mit okkultistischen oder spiritistischen Studien befaßt habe und daher bis
vor kurzem von diesen Dingen nur so viel wußte, wie jeder andere, der für
Fragen des täglichen Lebens Interesse hat. Ich habe es abgelehnt, die okkultistische
Literatur einzusehen, nachdem es in meiner Absicht lag, gänzlich unvoreingenommen
, nur auf Grund .persönlicher Beobachtungen das Studium
nachfolgender Fälle zu betreiben, um mich vor dem Vorwurf zu bewahren,
meine Urteilskraft sei durch übermäßiges Befassen mit der einschlägigen Literatur
getrübt oder einseitig beeinflußt worden.
Ich kam nach Kotterbach zufällig infolge einer Ferieneinladung. Unsere
Wohnung grenzte an die des Forstverwalters Koszänyi. Dieser kündigte mir im
August die Ankunft seines dreizehnjährigen Neffen Tibor an, der auf einige
Wochen zur Erholung nach Kotterbach kommen sollte. „Er ist zwar ein
schwaches Bürschl, sonst aber munter und fest.** Das waren seine Worte. Der
Knabe würde auch einen guten Spielkameraden für meine Tochter abgeben.
Als dann der Knabe wirklich kam, waren meine ersten Worte zu meiner Frau:
„Der Bursche gefällt mir nicht, er hat einen ganz eigenartigen Blick, direkt zum
Fürchten. Auch aus dem Spielen wurde nichts, nachdem der Junge nur Ungarisch
und Slowakisch sprach und nur wenig Intelligenz zeigte. Täglich gingen
wir zusammen ins Werkbad. Die erste Woche hindurch waren keinerlei Ver-
*) Der in Brünn wohnende Lehrer Hans Wratnik trat mit dem Unterzeichneten
über die in den obengenannten Orten aufgetretenen und von ihm beobachteten
Spukerscheinungren in Korrespondenz und lieferte ihm dann aur Wunsch das im
nachfolgenden Bericht zusammengestellte Material. Dr. von Schren ck-Notzing.
1
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1928/0017