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Zeitschrift für Parapsychologie. 1. Heft. (Januar 1928.)

nierten physikochemischen — in Qualitaton eines Bewußtseins, das uns
allererst die „Welt" des Physikochemischen und des Gehirns und der Dinge überhaupt
gibt? Ist denn dieses Bewußtsein dadurch, daß man seine vermuteten
cerebralen Zuordnungen mit vornehmen Fremdworten belegt, beseitigt?
Ist der Zwangsmaterialist wirklich dem Problem entronnen, dem er gerade
durch seinen Materialismus entrinnen wollte und mußte, um nicht „moralischer
SeJbstvernichtung" zu verfallen?

Die Frage bedarf keiner Antwort.

Und nun, bevor wir uns diesem Problem selber und seiner Gestaltung bei
Evelyn Underhill zuwenden — und damit dem eigentlichen Thema unserer
Arbeit — ein ernstes Wort.

Ich weiß wohl: Frankhauser ist nicht die Idealfigur eines Vertreters echter
Naturwissenschaft. Ich weiß wohl: die wirkliche moderne Naturforschung sieht
anders aus. Sie ringt mit unerbittlicher Strenge und ehrfurchtgebietender
Wahrhaftigkeit in faustischem Ringen mit den Seinsproblemen. Unabsehbare
Erschütterungen unseres Weltbildes gehen gerade jetzt in der modernen Physik,
in der mathematischen Logik, in der experimentellen Biologie, in der psychologischen
Phänomenologie, in der Gestalttheorie vor sich. Und innerhalb der
modernen Psychiatrie mutet uns ein Buch wie dasjenige von Frankhauser an,
als wäre es vor dreißig Jahren geschrieben. Mit der echten Naturforschung
haben wir, innerhalb unserer Erkenntnisbereiches, immer bewundernde Fühlung
innegehalten; und keine ihrer Errungenschaften geht ohne tiefe Spur an unserer
eigenen Arbeit vorbei.

Aber Frankhausers Buch ist dennoch nicht etwa ein vereinzelter Spätling,
eine Herbstzeitlose überholter Epochen. Wäre dem nur so! Prüfen wir jedoch
ehrlich den Spiegel der geistigen Gegenwart, so wirft er uns eine typische Gestalt
zurück; die Auch-Wissenschaftler. Den Gebildeten, den Arzt
und Juristen, die zu jenen Zeiten studierten, als die Frankhausers noch tatsächlich
der Inbegriff der „modernen Naturforschung" waren. Nicht zu vergessen
den Presse-Mann, den Journalisten, den Politiker und Volkswirt, kurz
alle jene geistig in der liberalistisch-empiristischen Aera gezeugten und gezüchteten
Köpfe, deren Charakteristikum von Karl Kraus einmal als „Schnarre
des gesunden Menschenverstandes" bezeichnet wurde. Jene Köpfe, die ihre
hohlen Stellen mit dem Schlagwort der „modernen Naturwissenschaft" ausstopfen
— worunter sie genau das verstehen, was vor einem Menschenalter
tinmal als „modern" und als „Naturforschung" galt. Sie hatten es ja nicht aus
erster Hand! Aber noch heute sind die damaligen Aneignungen ihr teuerster,
weil einziger Besitz; denn sie sind stehen geblieben, sie konnten das Tempo nicht
halten. So bilden sie eine sterile und negati vis tische Mehrheit gegenüber allem
Neuen; ihre Ideologie ist das retardierende Moment im Drama des gegenwärtigen
Geistes.

Sie sind auch die eigentlichen Gegner der Parapsycho-
logie. Immer, wenn ich eine gegnerisshe Arbeit lese, finde ich darin die
platte Selbstgefälligkeit von der „modernen Naturwissenschaft" und dem, was
sie „lehrt": nämlich daß es das Geheimnis nicht gebe; entweder es
sei Schwindel, oder die „moderne Naturwissenschaft" werde schon noch dahinterkommen
. Immer ist, hinter dem Okkulten, das psychophysische Problem
damit gemeint, das wesensmäßig nur metaphysisch, nicht aber empirisch lösbar
ist — oder gar das Subjekt-Objekt-Problem überhaupt, die Frage aller Fragen


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