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Beleidigungsklage der Herren Prof. Dr. Schröder, Dr. Sünner u. Dr. Winterberg. 61
Dr. Kemmerich erteilen wollte, nichts zu, wünsdhen übrig. In dem Brief ist
hervorgehoben, daß es sich um ein noch unvollendetes Manuskript handelt. Für
die Richtigkeit der Behauptung, daß Dr. Gruber bei Unterzeichnung der Vollmacht
vom 8. Juni 1927 nicht mehr gewußt habe, was er tue, liegt keinerlei
Anhaltspunkt vor.
Aus all dem ergibt sich eindeutig, daß Prof. Dr. Gruber Dr. Kemmerich
keine Ermächtigung gegeben hat, das Manuskript beliebig zu verwerten, d. h.
davon freien Gebrauch zu machen nach Dr. Kemmerichs Gutdünken, besonders
in dem Buch „Die Brücke zum Jenseits" in ganzen Teilen abzudrucken. Es kann
davon abgesehen werden, daß es an sich schon einen hohen Grad von Unwahr-
scheinlichkeit darstellt, daß ein Verfasser eines noch dazu unvollendeten — von
ihm noch nicht für druckreif gehaltenen — Manuskriptes sich aller Rechte
daraus begibt.
Die Behauptung Dr. Kemmerichs, er habe Dr. Grubers Manuskript in zwölf
Vorträgen, von denen vier in München gehalten wurden, benützt, Dr. Gruber
habe von Anfang an Kenntnis davon gehabt, ohne Widerspruch zu erheben,
wurde vom Gericht als richtig unterstellt. Dies habe Dr. Kemmerich aber nicht
das Recht zu beliebiger Verwendung des Manuskriptes gegeben.
Dr. Kemmerich wird gegen die Entscheidung Berufung ergreifen.
Die Beleidigungsklage der Herren Prof. Dr. Schröder, Dr. Sünner und
Dr. Winterberg gegen Herrn Dr. Albert Hellwig, Potsdam, kam — nach
längerem Schriftwechsel — am 2. Dezember 1927 vor dem Amtsgericht Berlin-
Mitte zur Verhandlung. Nach dringenden Bemühungen des Gerichts kam folgender
Vergleich zustande.
„Die Kläger Dr. Sünner und Dr. Schröder einerseits, der Angeklagte Dr. Hellwig
andererseits, vergleichen sich, wie folgt:
1. Der Angeklagte erklärt:
Nachdem Herr Dr. Sünner und für Herrn Dr. Schröder Herr Rechtsanwalt
Dr. Winterberg ausdrücklich erklärt haben, daß die beiden genannten Kläger die
Vorbringung der mündlichen oder schriftlichen Ablehnungsgründe gegen mich im
Termin vom 8. Juli 1925 in Sachen Rudioff gegen Moll in keiner Weise veranlaßt
haben, nehme ich hiermit den gegen die beiden Kläger erhobenen Vorwurf der
Unverschämtheit, objektiv gesprochen, mit Bedauern zurück.
2. Der Angeklagte trägt insoweit die Gerichtskosten. Die außergerichtlichen
Kosten tragen die Parteien insoweit selbst.
Hierauf nimmt Herr Rechtsanwalt Dr. Posener namens der Kläger Dr. Sünner
und Dr. Schröder die Privatklage und der Angeklagte insoweit die Widerklage
zurück.
Das Verfahren auf die Privatklage der Herren Dr. Sünner und Dr. Schröder
und auf die Widerklage gegen diese, wird nach Maßgabe des Vergleichs eingestellt
.
Der Privatkläger, Herr Dr. Winterberg und der Angeklagte Herr Dr. Hellwig,
vergleichen sich, wie folgt:
1. Herr Dr. Winterberg erklärt:
Ich habe den Ablehnungsantrag vom 8. Juli 1925 in der Sache Rudioff und
gegen Dr. Moll selbstverständlich nur in Wahrnehmung meiner Verteidigerpflichten
gestellt. Ich habe nicht beabsichtigt, Herrn Dr. Hellwig in irgendeiner Weise
persönliche Unehrenhaftigkeit vorzuwerfen, auch sonstige Beleidigungen haben
mir fern gelegen.
2. Herr Dr. Hellwig erklärt:
Ich habe mit meinen Worten: „Unverschämtheit objektiv gesprochen," niemals
auf Herrn Dr. Winterberg abgezielt. Ich habe auch heute keinen Anlaß zur
Erhebung eines solchen Vorwurfs. Falls Herr Dr. Winterberg sich durch den
Ausdruck gleichwohl getroffen fühlen sollte, würde ich dies aufrichtig bedauern.
Ich nehme sämtliche in den von mir zur vorliegenden Sache eingereichten
Schriftsätzen etwa enthaltenen wörtlichen Beleidigungen, insbesondere den Ausdruck
„Verleumder" mit Bedauern zurück.
3. Die Parteien behalten sich Widerruf dieses Vergleichs bis zum 1. März 1928
durch Anzeige zu den Gerichtsakten vor.
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