http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1928/0094
78
Zeitschrift für Parapsychoiogie. 2. Heft, (Februar 1928.)
Mila war Ottos in Hamburg mit dem Vater lebende Schwester.
Wir brachen ab. — Aber als wir das nächstemal saßen, kam sofort wieder
Otto und seine Mutter. — Befragt machte Otto jetzt nähere Angaben über
die Art seines Todes. Er sei ganz plötzlich auf der Treppe eines Bankgebäudes
in Sidney vom Schlage gerührt, zusammengebrochen und gestorben. — Wir
fragten, warum denn kein Depesche von Australien abgesandf worden sei.
Die Antwort' war, sie sei wohl abgeschickt, aber verloren gegangen.
Die Mutter riß wieder das Wort an sich. ,,Ganz dem Temperament entsprechend
, das ihr im Leben eigen gewesen", so erzählte Frau Dr. G. —•
Und „Vater und Mila sagen!" forderte sie herrisch. — Sie sei im Leben
Theosophin gewesen, erzählte die Nichte. Auch darüber sprach sie uns durch
den Tisch, und ihre Sprache trug einen so stark persönlichen Charakter, daß
wir in der Tat den Eindruck empfingen, liier rede eine fremde Wesenheit
zu uns.
So oft wir saßen, immer kam sie wieder und immer ungestümer befahl
sie, die Familie in Hamburg von Ottos Ableben zu unterrichten.
Wir rechneten aus, daß auch ein Brief schon hätte hier sein können, aber
Frau Dr. G. hatte bisher keine Todesanzeige von der Familie Ottos erhalten,
Sie hatte aus irgendwelchem Grunde die Beziehungen zu dieser Familie
abgebrochen und scheute sich, nun direkt bei ihr anzufragen und sich nach dem
fernen Vetter zu erkundigen.
Als aber Otto und seine Mutter in jeder Sitzung wieder erschienen und
immer dringender wurden, entschloß sie sich endlich, Zwdschenbekannte
aufzusuchen und vorsichtig auf den Busch zu klopfen.
Wie traf es sie, als sie hörte, daß Ottos Vater seit Wochen und Monden
nichts von dem Sohne gehört und in lebhafter Unruhe sei! — Im übrigen
erfuhr sie, daß nicht Sidney der Wohnplatz Ottos gewesen.
Wir befragten den Tisch und er war um eine Antwort nicht verlegen. —
Otto sei auf einer Geschäftsreise in Sidney so plötzlich gestorben.
Und dann buchstabierten wir den ganzen Abend an einem Ortsnamen
herum, brachten auch endlich etwas heraus, das englisch klang und ein verstümmelter
Stadtname sein konnte und suchten diesen oder einen ähnlich
lautenden Namen vergeblich auf dem Atlas.
Otto blieb dabei und blieb noch lange dabei, gestorben zu sein. Wir
^rauchten uns nur an den Tisoh zu setzen, so waren er und seine Mutter da,
... manchmal auch nur sie. — Endlich' langweilten uns beide und wir brachen
ab, sowie ihre Namen fielen und ließen uns nicht mehr mit ihnen ein. — Die
Familie hatte übrigens immer noch keine Nachricht von Otlo.
Plötzlich traf er selbst, lebend xund gesund, den Seinen zur Ueberraschung,
im Hamburger Hafen ein.
Ob nicht Frau Dr. G. unbewußt die Dichterin dieses uns Wochen und
Monde hindurch immer wieder „aufgetischten" Märchens von seinem Tode
war? —
Und wenn der Tisch, betragt um den Wohnort Ottos, unsicher selbst
zu raten und zu tasten schien, ,.. wenn zuerst überhaupt nur Sidney für das
Märchen in Frage kam, ... war nicht die bei uns allen gleichmäßig schlechte,
australische Geographie davon der Grund? —
Ein paar Buchstaben fallen und wir kombinieren und denken ein Wort. —
Unkontrollierbar leiseste Muskelzusammenziehungen gehorchen dem Impuls,
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1928/0094