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Zeitschrift für Parapsychologie. 2. Heft. (Februar 1928.)

zu bitten, er möge diese spiritistischen Versuche unterlassen und die Ruhe meines

teuren Mannes nicht stören.....

Nach elf Uhr kam ich zu Hause an und erfuhr, daß mein Töchterchen Zahnweh
habe und vor Schmerzen weine. Da ich aus Erfahrung wußte, daß Wärme
den Schmerz lindert, band ich ihr ein Tuch um das Köpfchen, trug sie ins Bett,
deckte sie warm zu, legte mich angekleidet zu ihr und erzählte ihr irgend etwas,
um ihre Gedanken von den Schmerzen abzulenken. Sie schlief bald ein, und da ich
von der nächtlichen Fahrt ermüdet war, überkam auch mich bald der Schlummer.
Es mochte eine halbe Stunde vergangen sein, vielleicht auch mehr, es war kurz
nach Mitternacht und die Hausleute waren noch nicht schlafengegangen, als ich
plötzlich fühlte, wie mich jemand stark bei der Schulter zupfte und mit ängstlicher
Stimme rief: „Njuta, mein Täubchen, was ist mit dir, beruhige dich«, um Gottes willen
beruhige dich." Ich richtete mich im Bett auf und rief voll Schrecken: l„Um
Himmels willen ,was ist denn geschehen? Was habe ich jetzt gesehen? Ich habe

ihn gesehen!....." Und plötzlich fing meine Tochter, die unsere Schreie und

Ausrufe aufgeweckt hatten, zu weinen an und sagte: „Mama, eben jetzt habe ich
Papa im Traum gesehen, wie wenn er dort irgendwo aufgeständen wäre, so

blaß....." Und kaum hatte sie diese Worte ausgesprochen, ads ich mich plötzlich

ganz klar besinnen konnte, was ich geträumt hatte: Ja, auch ich hatte ihn in diesem
Augenblicke gesehen, leichenblaß, mit leidendem Gesichtsausdruck, sich irgendwo
erhebend, wie aus einem Grab.

Dies erstaunliche Zusammentreffen meines Traumes mit dem meiner Tochter
brachte mich ganz aus der Fassung. Mein erster Gedanke war: Nicolai Pawlo-
witsch hat mit den beiden Spiritistinnen eine Seance abgehalten und den Geist
meines Mannes gerufen. Und in diesem Augenblicke war uns Fjodor Michailowitsch
im Traum erschienen und der leidende Ausdruck seines Gesichtes hatte deutlich
den Wunsch ausgedrückt, daß seine ewige Ruhe nicht gestört werden möge....."

Am nächsten Tage schrieb ich N. P. Wagner, teilte ihm das Erlebnis mit und
beschwor ihn neuerdings, Fjodor Michailowitsch nicht zu rufen und seine Grabesruhe
nicht zu stören. Nachstehend seine Antwort.

25. Februar 1881.

Sehr geehrte Anna Grigorjewna!

Ich habe Fjodor Michailowitsch so sehr geliebt und achte Sie so hoch, daß
ich keinen Versuch machen werde, die Ihnen so teure Seele zu rufen, ohne daß
Sie selbst zustimmen und zugegen sind. Gestern schlief ich kurz nach ein Uhr ein.
Vorher hatte ich mehr als eine halbe Stunde mit der Lektüre Lichonins über den
Hypnotismus zugebracht. Ihr Traum dürfte einfach die Folge Ihrer vorhergegangenen
Aufregungen und seelischen Erschütterungen gewesen sein. Aerztliche
Hilfe dürfte Ihnen jedenfalls von Nutzen sein.

Ihr Sie aufrichtig schätzender N. P.
III.

Carmen Sylva. Mein Penatenwinkel. Q. Auflage. (Minjott Verlagsgesell-
^chaft.) Seite 148. „Da kam dann auch der alte Ritter Neukomm nach Paris, es
bildete sich ein großer Kreis von Freunden, die Kranken des Grafen, die genesen
waren, versammelten si«ch in unserm Hause, dann mußte Neukomm die Orgel
spielen, um Stimmung zu machen, dann wurde die Kette gebildet, ein Bleistift
durch einen großen, wollenen Ball gesteckt, auf den zwei die Hände legten, gewöhnlich
mein Vater und ein junges Mädchen, das viel Kraft hatte, und nun wurden
lauter philosophische Fragen gestellt. Mein Va,ter gewann die Ueberzeugung,
daß sich auf diese Weise ein inneres Leben und Denken ohne Mitwissen des Gehirns
manifestiert und nannte darum sein Buch: „Das unbewußte Geistesleben." Mein
Vater sagte immer: „Ich bin nicht so hochmütig, etwas fortzuleugnen, das ich
nicht verstehe." Denn der blitzartigen Bewegung des Bleistiftes zu folgen oder
denselben mit Willen zu dirigieren, wäre undenkbar gewesen, da es schon zwei
waren, die ihn gar nicht hielten, sondern die Hände nur auf dem Wollenballe, so
daß der Bleistift freie Bewegung behielt, und oftmals habe ich ihn über das Papier
rasen sehen, wenn ich mit in der Kette stehen durfte.

Heutzutage bedarf es meiner Versicherung nicht mehr, da jedermann sich
selbst überzeugen kann, und man entdeckt hat, daß jedem Menschen die Kraft


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