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Zeitschrift für Parapsychologie. 1. Heft. (Januar 1929.)
fiel W. in Trance, das Weißlicht machte der Rollampe Platz. Willy rückte zum
Tisch, zog die Papierbogen zu sich und entwarf trotz des ganz schwachen Lichtes
eine Anzahl sicher ausgeführter schematischer Zeichnungen, denen er schriftlicli
kurze Bemerkungen anfügte. Ich will auf diese Zeichnungen, die ohne Kommentar
nicht verständlich sind, nicht weiter eingehen, möchte nur feststellen,
daß an ihnen der sichere Strich auffällt, während die markante Steilschrift völlig
verschieden von der gewöhnlichen Willys erscheint. Nach dieser Episode nahm
ich dem Medium gegenüber die gewohnte Kontrollstellung ein, seine Beine
zwischen meinen Knien, die beiden Hände gefaßt. Nach einiger Zeit nimmt
H. die rechte, ich die linke Hand Willys. Dieser macht nun zunächst mit
seinem rechten Arm und Hand streichende Bewegungen von seiner rechten
Hüfte über seinen rechten gegen meinen linken Oberschenkel hin, um dann
die Hand wiederum II. zu geben. Nach kurzem Warten empfinde ich einen
leisen, langsam zunehmenden Druck auf der Oberseite meines linken Oberschenkels
, der schließlich das Gefühl auslöst, als drückten feine elastische Gebilde
durch den Stoff auf meine Haut. Jedenfalls fühlte ich, während Willys
gespreizte Arme von mir und H. festgehalten wurden, deutlich die Berührung
durch etwas Körperliches, das durch den Stoff des Beinkleides hindurchzudringen
schien, während H. auf seiner Hand und an den Beinen die Empfindung
ausgesprochener Kälte hatte. Es war mir nachher unmöglich, das gleiche
Berührungsgefühl mit meiner Hand hervorzurufen. Ohne es beweisen zu können
, aber auf Grund meiner vielen Beobachtungen und Erfahrungen mit Willy,
nehme ich an, daß vom Medium aus fluidale Substanz auf meinen linken Oberschenkel
strömte, sich dort anlagerte, bis festere Fortsätze entstanden, die,
durch den Stoff des Anzuges dringend, das Berührungsgefühl auslösten.
Um dem Medium, das am nächsten Tage in der Privatwohnung von Frau P.
Sitzung haben sollte — bei der übrigens Materialisationen von Hand- und Scheibenform
(Kopffragmente?) von uns beobachtet werden konnten —s nicht zu
viel Kraft zu entziehen, brachen wir die Sitzung ab. „Otto" bat, ehe er ging,
wir möchten, auch wenn das Medium wieder wach sei, zunächst noch Rotlicht
brennen lassen, wir könnten aber ruhig reden, trinken und rauchen, er werde
versuchen, uns noch ein Zeichen zu geben. W. erwachte, war erst etwas verwirrt,
wurde dann auffallend unruhig, sah sich immer um und meinte, er habe so ein
sonderbares Gefühl, wie wenn irgend etwas im Zimmer sei. Einmal glaubte
er, ein schattenförmiges Gebilde von der Form eines Flügels über ineinen Kopf
streichen zu sehen. Sein Verhalten erinnerte genau an das, was Schrenck-
N?tzing im „Spuk von Neuried" von ihm geschildert hat. Mit einemrnal hörten
wir ein lautes Knacken in einem Bein an Willys Stuhl, während W. selbst
eine Erschütterung zu spüren glaubte, darauf dann angab, jetzt sei nichts
mehr da. — Obwohl bei diesem Vorgang sehr viel subjektive Momente mitspielen
können, glaubte ich ihn doch erwähnen zu sollen, da Willy nachgewiesenermaßen
im Wachzustand bei an anderen sich abspielenden paraphysischen
Vorgängen stets stark mit Unruhe —, ja Angstzuständen reagiert. Wir
hatten jedenfalls den Eindruck, als sei nach dem Erwachen Willys noch irgendeine
„fluidale Kraft" am Werk. Mehr läßt sich einstweilen darüber nicht
sagen. ,
3. Sitzung vom i5. Dezember 1925. Sie gleicht völlig der erstbeschriebenen,
da Willy, bei mir zum Abendessen, im Wohnzimmer um 9 Uhr in Trance fiel
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