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Gruber: Experimentalstudien mit Willy Schneider,
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psychologischer Forscher gegenüber den Ueberrumpelungstendenzen unorien-
lierter Skeptiker ist.
Die nun folgende Sitzung fiel in eine Periode ausgesprochener mediumi-
stischer Schwäche bei Willy. In den offiziellen Sitzungen waren schon seit
längerer Zeit meist nur kleinere telekinetische Phänomene zu verzeichnen gewesen
, während Materialisationen ganz ausgeblieben waren.
6. Sitzung vom l\. Juni 1926. Ort: Mein Arbeitszimmer. Anwesende:
Kunstmaler M. L., Schriftsteller Dr. K. W., Dr. H., Komm .-Rat K. und Frau,
Frau G., Herr H., Verf.
Versuchsanordnung: Eine Ecke meines Arbeitszimmers war mit schwarzem
Stoff ausgeschlagen und durch einen doppelteiligen schwarzen Voriang, mit
Leuchtbändern markiert, ein Kabinett gebildet worden. Vor dem Kabinett wurde
ein Hocker aufgestellt für die bei telekinetischen Phänomenen zu verwendenden
Gegenstände, neben dem Hocker brannte auf einem niederen Tischchen eine
durch einen Rheostaten regulierbare Rotlampe, die ihren Schein auf das
Wirkungsfeld vor dem Vorhangschlitz warf. Die Reihenfolge der Teilnehmer
war: Medium, Gruber als Kontrollierender, Frau K., Dr. H., Frau G., Herr K.,
Herr L., Dr. W., als Gegenpol Herr H. Das Medium erhielt wie gewohnt Leucht-
bander an Hand- und Fußgelenken.
Verlauf: Beginn gegen 9 Uhr, Tranceeintritt und Entwicklung wie gewohnt,
nur habe ich an der Kontrolle den Eindruck, daß das Medium nicht richtig in
Schwung kommt. „Otto" gibt an, „Schuler" käme erst nach der Pause. Um
9.45 Uhr wird eine viertelstündige Pause eingeschaltet. — Nach Wiederbeginn
zeigt sich eine verstärkte Aktion des Mediums. Nach kurzer Zeit meldet sich
auch die „Hilfskraft Schuler", die sich, wie schon beschrieben, anscheinend
hinter dem Medium konzentriert, um dann in das Kabinett einzuströmen.
(Der Raum hinter dem Medium vermittelt während der Entwicklungsphase
Kälteempfinden, wenn man mit der Hand vorsichtig hinter den Rücken der
Versuchsperson vorgeht, die dann gleichzeitig eine Abwehrreaktion gegenüber
dem Eingreifen in diese sensible Zone erkennen läßt.) Es treten nun stärkere
Vorhangbewegungen auf, doch bittet „Otto", die lange und derbe Leuchtschnur
am mediumseitigen Vorhangteil zu* entfernen, da sie, nur am oberen Ende befestigt
, bei stärkeren Wallungen des Tuches wie ein Pendel wirkend fest auf
das Vorhangtuch aufschlägt und anscheinend die von der Kabinettseite her
angreifende Kraft stört. Nach weiteren starken Vorhangbewegungen wird das
Rotlicht mehr abgedämpft und ein mit Leuchtfarbe markiertes Tamburin aufrecht
auf das Tischchen gestellt. Das Tamburin wird zweimal umgeworfen,
außerdem ein leuchtender Ball vom Tischchen herabgerollt.
Nunmehr scheint eine kritische Periode einzutreten, denn es erfolgein
keine Phänomene, während das Medium versucht, aus dem Zirkel „Kraft zu
sammeln". Während die Teilnehmer sich lebhaft unterhalten, künstlich Stimmung
zu erzeugen suchen, während das Grammophon ein Stück nach dem andern
spielt, faßt W. für eine Zeit erst die eine Hand meiner direkten Nachbarin,
dann meines zweiten Nachbars. W. selbst sitzt ganz nach vorn gebeugt, zeigt
beschleunigte und verschärfte Atmung, während sein Körper sich relativ ruhig
hält. Diese schwere und anstrengende Geduldsprobe dauert gut eine Stunde.
Mit einemmal hat man den Eindruck, als habe sich das Medium nunmehr
genügend mit Kraft „vollgepumpt", es richtet sich aus seiner Kauerstellung auf,
meine beiden Hände werden fest gepreßt, die körperliche Aktion setzt ein und
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