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Zeitschrift für Parapsychologie. 2. Heft. (Februar 1929.)
und mir die ,»Weiße Frau" in der Kapelle knien sah, nie etwas gesehen halte;
auch die Lichter im Saal und in der Kapelle hatte er nie gesehen, was um
so merkwürdiger ist, als fünf andere Personen um ihn herum dieselben genau
sahen."
Ueber die Ende 1912 besonders häufigen Erscheinungen berichtet am
16. April 1913 auch der Wiener Graf C. T., ein absoluter Skeptiker. Er sagt:
Ich habe im November 1912 einige Male Gelegenheit gehabt, das „rätselhafte
Licht" beobachten zu können. Trotz sofortigen Nachlaufens und Absper-
rens der Türen erschien es immer dort, wo man ihm auflauerte. Z. B. waren
beide Türen geschlossen, beim Aufgang stand ich, ich sah das Licht, lief nach,
die Türen waren wie früher versperrt und ringsum dunkel. Auch habe ich
bemerkt, daß dem Erscheinen des Lichtes, welches einen gelbgrünlichen Schein
hat, ein Rauschen, wie von einer Seideuschieppe, vorausgeht. Da ich einen
Schwindel oder eine künstliche Instandsetzung des „Lichtes" ausschließe, hal)e
ich mir folgende Definition zurechtgelegt: „Es ist dies eine uns unbekannte
wandernde Lichtquelle, die durch etwas uns Unbekanntes ausgelöst wird." Die
sogenannte „Weiße Frau" sah ich nie und glaube an keine „Geister"."
Im Mai 1913 verfaßte der im Jahre 1917 verstorbene Schloßherr E. v. V.
den folgenden Bericht:
„Es war am i3. Jänner 1913, als wir, meine Schwiegertochter und ich
nach dem Souper zirka 9 Uhr in der Bibliothek saßen. Meine Enkelin M.
war, wie gewöhnlich, um diese Zeit auf die Post gegangen. Mein Enkel L.
hallo sich ins Oratorium/immer im ersten Stock begeben, kam über den Erker
herab und sagte mir, es sei Licht in der Kapelle. Ich war längst neugierig
darauf, dort eine Beobachtung machen zu können und ging mit L. sofort hinauf
, machte die Türe vor dem Kapellen fensler auf und blickte in die Kapelle.
Diese war dunkel und auch als L. mit dem elektrischen Knips hineinleuchtete,
absolut nichts zu sehen. „Da ist nichts los!" sagte ich, schloß die Türe und
wendete mich gegen die Gangtüre, um hinabzugehen. In diesem Augenblick
stieß L. einen Huf der Ueberraschung aus und von der Vorzimmerseite her
hüpfte eine schlanke, sehr bewegliche Frauengestalt erst an Ii. vorüber, über
das ganze Zimmer an mir vorüber in so raschem Tempo auf die Gangtüre
zu, an welcher ich stand, daß eine genaue Beobachtung ihrer Person gar nicht
möglich war. Ich hatte den Eindruck, es sei ein dummer Spaß, rief: „Wer
14t das? Halt!" und rannte im nächsten Moment durch die offene Türe auf
den Gang und der Gestalt nach, die ich nicht erreichen konnte und die mitten
im Gang plötzlich meinen Blicken entschwand. L. und ich suchten alsbald die
auf den Gang ausmündenden Zimmer ab, ob nicht dort jemand versteckt
wäre — vergeblich! Wir gingen dann sofort in die Bibliothek hinab, wo wir
Fräulein J. v. E. und M., die eben von der Post zurückgekommen waren, bei
meiner Schwiegertochter sitzend fanden. Deren Teilnahme an der Erscheinung
war völlig ausgeschlossen. Eine so zierliche und bewegliche Frauensperson,
wie die oben im Oratoriumzimmer, ist in Bernstein nicht aufzutreiben. Diese
ist bisher meine erste und einzige Begegnung mit unserer „Weißen Dame".
Ich berichte darüber einfach und ohne den geringsten Aufputz, indem ich
erzähle, was ich gesehen habe, der Wahrheit gemäß und auf Ehrenwort, und
wolle diese Erklärung den anderen beigefügt werden, die von Personen stammen
, dio ähnliche Erfahrungen niederzuschreiben Gelegenheit hatten."
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