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Kleine Mitteilungen.

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könnte), denn diese ist in der Begründung der Urteile klar und deutlich enthalten
. Meiner Verantwortung wohl bewußt, werde ich mich nur an den Wortlaut
der gerichtlichen Darstellungen halten. Ich muß mich dabei auf die wichtigsten
Stellen beschränken, da die beiden Akten mehr als neun mit Maschine
geschriebene Seiten umfaßten.

Auszug aus dem Urteile des König f. Gerichtshofes in
G y u 1 a , vom 10. Februar 1927, Zahl B 3259/25.

Die angeklagten landwirtschaftlichen Arbeiter Michael Korcsäk, 30 Jahre alt,
Emre Csatäri, 27 Jahre, Michael Turzö, 26y2 Jahre und Georg Timär, 26 Jahre
alt, werden (die angeführten Paragraphen übergehe ich) wegen des Vergehens
der an Sophie Fabian durch Axthiebe verursachten unbeabsichtigt tödlichen Verletzung
zu je 3 Monaten Gefängnis verurteilt.

Begründung: Die Aussagen sämtlicher Angeklagten und vereidigten Zeugen
enthielten nicht nur keinen Widerspruch, sondern dieselben ergänzten und
festigten einander so, daß der Kgl. Gerichtshof folgenden Tatbestand feststellt:
Der in Bekescsabe ansässig gewesene, derzeit in Bekes wohnende Vincenz
Tokär ist, nachdem er am 15. Oktober 1923 geheiratet hat, im darauffolgenden
Monat erkrankt und litt zunächst an Kopfschmerz und geschwollenem Halse.
Als sich sein Zustand verschlimmerte, sagte er zu seiner Frau, daß er sich von
einem gewissen Adam A. behext fühle und zwar deshalb, weil seine Frau nicht
ihn geheiratet hat, er werde in Person einer alten Frau gequält, geschlagen
und gebissen. Seine Frau und andere haben an seinen Händen und Füßen Bißwunden
und an seinen Schenkeln Spuren von Schlägen gesehen. Drei Tage vor
dem Straffa'Ie war Tokärs Zustand bereits so verschlimmert, daß er unter heftigen
Zuckungen nur mehr bellen, brüllen und wiehern konnte. Sein in demselben
Hause wohnender Schwager, der Hauptangeklagte Korcsäk, beobachtete
den immer schlimmer werdenden Zustand Tokärs, der ihm klagte, daß ihn ein
Geist quäle, der ihn bald als altes Weib oder auch als Hund oder Katze attak-
kierte. Auch ihm sagte Tokär, daß nach drei Tagen der Geist als altes Weib
kommen werde, um ihn zu holen, und zwar werde dieselbe zuerst dreimal an das
Fenster und darauf dreimal an die Tür klopfen. Er flehte zu Korcsäk, daß er ihn
retten möge, denn wenn man dieses Weib nicht unschädlich macht, so müsse er
sterben. Er und sein Freund Csatäri sahen gleichfalls die Biß- und Hiebwunden
an der Brust und an den Händen Tokärs. Dieser schrieb am Vortage des Ereignisses
, als er überhaupt nicht mehr sprechen konnte, seine oben geschilderte Vorahnung
auf einen Zettel genau nieder und reichte diesen seiner Mutter Veronika
Timär in Anwesenheit seiner Schwiegermutter. Diese baten nun die beiden Männer
gleichfalls, den Geist zu tö^en. Als am nächsten Vormittage die beiden
Freunde Tokärs, die Angeklagten Turzö und Timär zu Besuch kamen, erkannte
er sie nicht mehr, denn er sah und hörte nicht und heulte und brüllte nur. Alle
waiteien in Aufregung, was da kommen werde! Um 10 Uhr vormittags war tatsächlich
ein dreimaliges Klopfen am Fenster zu vernehmen. Tokär deutete entsetzt
mit der Hand an, daß dies der Geist ist. Einige Sekunden darauf wiar nun
auch dreimaliges Klopfen an der Tür zu hören, die sich dann öffnete und hereintrat
eine alte Frau mit einem Stock in der Hand, sich wortlos dem Bette Tokärs
nähernd. Niemand hat diese Frau je gesehen; sie war eine alte taubstumme
Bettlerin. Der Hauptangeklagte Korcsäk sprang auf sie zu und rief: „Halt! Wer
bist du?!" Doch die alte Frau gab keine Antwort. Darauf ergriff K. die in der
nahen Kohlenkiste befindliche Kohlenhacke und versetzte dem Weib einen Hieb
auf den Kopf und stieß sie in die Küche, wo ihr dann auch die anderen Angeklagten
Beil- und Stockhiebe versetzten. (Nach Angabe des Pfarrers von Gyula
soll die Bettlerin hierbei ausgerufen haben: „Jaj Istenem [Ach! Mein Gott!] was
aber im Urteile nicht enthalten ist.) Die vier Angeklagten warfen die für tot
gehaltene Frau vereint über die Einzäunung auf die Straße. Als sie in das Zimmer
zurückkehrten, saß Tokär im Bette aufrecht, lachte und fühlte
sich wohl und hatte seither keine Anfälle mehr. Nach dem Gutachten des
Gerichtsarztes war Tokär in der fraglichen Zeit höchstwahrscheinlich geisteskrank
, seine Krankheit entwickelte sich auf hysterischer Basis, welche auf momentane
Einwirkung zu vergehen pflegt. (Wörtl. übersetzt.) Die sehr ausführlich
gehaltenen Ausführungen der ärztlichen Sachverständigen, welche über die Zu-


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