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Price: Die Londoner Versuche mit Rudi Schneider.
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von Dr. W. F. Prince *) anläßlich seiner Europareise zum dritten internationalen
metapsychischen Kongreß in Paris 1927 hatten den Ruhm der beiden
Brüder etwas abgedämpft, trotzdem Baron Schrenck, wie es scheint unter ausgezeichneten
Bedingungen, immer noch Phänomene erzielte. Auch Herr J. Malcolm
Bird stellte auf seiner Reise nach Europa einige Versuche mit den
Schneiders in Braunau an, aber soviel ich weiß, haben ihn die Ergebnisse nicht
befriedigt.
Ich will die Zeit und die Geduld des Lesers nicht durch eine Analyse der
Berichte über diese unergiebigen Sitzungen verschwenden. Ich habe mir oft die
Frage vorgelegt, warum eigentlich Vinton wie ein Blitz aus heiterem Himmel
auf Braunau (den Heimatsort der Schneiders) herniederfuhr. Ich habe seitdem
nie wieder von ihm gehört. loh kann nur Vermutungen darüber aufstellen,
warum dieser Anfänger sich gerade die Schneiders für seine Versuche aussuchte.
Aber offenbar lohnte sich die Reise nach Oesterreich, da er 45 Seiten seiner
Zeitschrift damit ausfüllte, uns zu berichten, was sich hätte ereignen sollen,
aber nicht geschah. Herr Vinton erzählt uns, daß er Herrn Schneider sen.
„unbegrenzt mit Bier versah"2) und ihn ,,dran kriegte"3). Er sagt über Herrn
Schneider, „ich entdeckte einen schlauen, verschlagenen Ausdruck in seinem
Auge und fand Beweise für eine ähnliche Einstellung in seinem Benehmen.'*
Und dennoch erzielte er keine Phänomene l
Dr. Princes Versuche in Stuttgart und Braunau zeitigten „Ergebnisse", wenn
nicht gar „Phänomene". Er kam zu dem Ergebnis, daß sie auf normale Weise
hervorgebracht worden waren, wenn er auch keine Spur eines Betruges entdecken
konnte. Studienrat Lambert, in dessen Wohnung in Stuttgart die Sitzungen
stattfanden, wirft ein, daß „einige, vielleicht alle Phänomene echt gewesen
sein können", und hält die Echtheit der Phänomene in Rudis guten Sitzungen
für „im höchsten Grade wahrscheinlich".
In den Sitzungen mit Rudi in Braunau, an denen ich teilnahm, gab es viel
zu sehen und sie machten großen Eindruck auf die Sitzungsteilnehmer einschließlich
Herrn E. Clephan Palmer, den Vertreter des „Daily News", der mit
mir nach Oesterreich reiste, um Rudi zu sehen. Obwohl er anfänglich ein völliger
Skeptiker war und nicht an die Möglichkeit physikalischer Phänomene
glaubte, war er doch durchaus überzeugt von der Echtheit der Manifestationen
. Ich habe seinerzeit einen ausführlichen Bericht über diese Sitzungen
veröffentlicht4).
Die Schneiders sind bekanntlich eine medial veranlagte Familie. Willi
1) Vgl C. Graf Klinckowstroem I. c. S. 96 ff. und dagegen Dr. O. Walther
„Die angebliche Entlarvung des Mediums Rudi Schneider durch den Untersuchungsbeamten
der Bostoner S. P, R. Dr. W. F. Prince", Ztschr. f. Parapsych.,
Juli 1928, sowie Lambert „Nachwort zu Dr. Princes Artikel" ibid., Februar 1929.
2) Psyche, 1. c. S. 5
3) I. c. S. 37.
4) Im Journal der amerikanischen S. P. R., November 1926. Vgl. Price: „Die
Phänomene des Mediums Rudi Schneider", Ztschr. f. Parapsych., Oktober 1927.
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