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4 Zeitschrift für Parapsychologie. 1. Heft (Januar 1930)
Beobachter besitzen infolgedessen ihre freie Beweglichkeit und können außerdem
in der Hegel, innerhalb gewisser Grenzen, frei im Zimmer herumgehen,
ohne die Phänomene zu stören. Wir werden sehr oft zum Singen aufgefordert
Es handelt sich dann aber stets um fröhliche Lieder mit ausgeprägtem Rhythmik
, so daß die einschläfernde Wirkung der Psalmen vermieden wird. Das
Medium selbst ist, wie schon genannt, in der Regel wach gewesen. Sein Blick
ist ab und zu etwas verschleiert oder wohl auch starrend gewesen. Seine Hände
sind abwechselnd eiskalt und heiß (schweißend) gewesen, fn allen anderen
Richtungen scheint es aber vollkommen normal gewesen zu sein. Es sitzt ruhig
am Tische wie die übrigen Mitglieder dis Kreises, nimmt am Ge^prärhe oder
am Singen teil, genießt Erfrischungen oder lie<t Zeitungen, hat aber anscheinend
gar keine Verbindung mit dem, was gleichzeitig geschieht, mit der
alleinigen Ausnahme, daß es sich etwas, aber nicht sehr ausgeprägt, füi die
Ergebnisse der Versuche interessiert.
Eine absolute Vorbedingung für das Gelingen der Versuche ist, daß das
Versus hszi mm er gut gehei/t ist. Das Medium kommt leicht zum Frieren
und wünscht stets eine etwas höhere Temperatur, als es für die übrigen Teilnehmer
angenehm ist. Des weiteren ist es mit Sicherheit beobachtet worden,
daß Kaffee, am besten stark und heiß, vor und auch während der Seancen
günstig wirkt. Hierzu muß bemerkt werden, daß das Medium auch privaüm
sehr gern und oft Kaffee trinkt, und im allgemeinen kommt es ohne jeden
Zweifel daiauf an, die S immung des Mediums in jeder Weise günstig zu beeinflussen
. Nicht allein Kaffie, sondern auch andere Erfrischungen, Schokolade
, Bonbons, Bananen usw., sowie Lieder, die das Medium selbst liebt, heitere
Geschichten, Witze und alles dergl ichen, wirken dann, die Phänomene schneller
und starker hervorzurufen, indem das Medium durch diese Kunstgriffe in
gute Stimmung kommt oder gehalten wird. Ich sage ausdrücklich Stimmung,
als etwas tiefei liegendes, im Gegensatz zur mehr oberflächlichen Latin», denn
es ist niehitaeh eingetroffen, daß, obwohl das Medium anscheinend guter
Laune gewesen ist, die Versuche jedoch sehr schlecht gegangen sind, und
hat sich dann stets gezeigt, diß irgend etwas, ein Mißverständnis, eine ganz
unwesentliche Bemerkung oder andere Kleinigkeiten herabsetzend auf die
Stimmung des Mediums eingewirkt hat. Es kommt dies natürlich daher, daß
unser Medium, wie wohl alle seiner Ar1, psychNch stark labil i\t und deshalb
gegen die - eingebildete oder reelle -- psychische Atmosphäre seiner Umgebung
stark überempfindlich ist. Vor allem reagiert dis Medium «ehr stark
auf jedes Mißtrauen, jeden Verdacht gegen seine Ehrlichkeit, selbst wenn
dieser Verdacht nicht in Worte gekleidet wurde.
Diese Sachlage hat uns anfangs große Schwierigkeilen gemacht, indem wir
gegebenenfalls stundenlang waiten müssen, bevor irgendwelche Phänomene
eintraten, und ein positives Ergebnis war dann überhaupt nur denkbar, wenn
die Ursache für die schlechte Stimmung aufgefunden werden konnte, und genügende
Entschuldigungen wegen der — meistens eingebildeten — Beleidigung
gemacht worden waren. Um vielleicht schneller zum Ziele zu gelangen,
habe ich gelegentlich auch eine rein psychoanalytische Methodik \ersucht, jedoch
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