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Zeitschrift für Parapsychologie. 1. Heft. (Januar 1930.)
netischen, den Kosmos durchbrausenden Welle errechnet werden kann, erlauben
würde, die Fixsternentfernungen, ihre Stellung zueinander, den Bau de9
gesamten Kosmos zu klären, kurz eine spezielle Anatomie des Kosmos in ungeahntem
Umfang durchzuführen, besser vielleicht als mit irgendeiner anderen
Methode.
Ist dies ein Resultat der Hypothese — neben anderen, erwarteten, aber hier
nicht erörterten —, so wird sie ihren Wert ja wohl bewiesen haben, und je
mehr Voraussagen sich bestätigen, um so wahrscheinlicher wird es, daß ein sehr
starker, wahrer Kern darin steckt.
Nun könnte es so scheinen, daß die Hypothese von allem Anfang an von der
allgemein-anatomischen Betrachtung ausgegangen sei. Das ist jedoch nicht der
Fall. Ihr Werdegang war ganz anders. Sie ist in Wirklichkeit — und dies
ist der Grund, weshalb sie gerade in dieser Zeitschrift mitgeteilt wird — aus
Gedankengängen herausgewachsen, die von mediumistischen Problemen ihren
Ausgangspunkt nahmen. Um es ganz präzis zu sagen, der Wunsch, für die als
echt unterstellten Stigmatisationen der Ekstatikerin Therese Neumann eine
wissenschaftlich haltbare Erklärung zu finden, hat den ersten Anstoß gegeben.
Die Beschäftigung mit diesem Problem sowie überhaupt mit dem der psychogenen
Leistungen führte naturgemäß sehr bald zum Studium der mediumistischen
Literatur, insbesondere der Arbeiten v. Schrenck-Notzings, die m. E.
eine Fundgrube naturwissenschaftlicher Erkenntnis darstellen, die der Auswertung
durch einen großen Physiker noch harrt. Es ist hier nicht der Ort, den
ganzen Weg, der zur Aufstellung der kosmobiologischen Hypothese führte,
die Irrwege, die dabei begangen wurden und mehrfach zur Umkehr zwangen, im
einzelnen zu schildern. Vielerlei mag auch jetzt noch falsch gesehen sein,
wird vielleicht zurückgezogen oder durch besseres ersetzt werden müssen. Aber
daß schließlich sich als Folgerung ergab, der sichtbare Kosmos müsse ein lebendiger
, protoplasmatischer Oiganismus sein, und daß die durch diesen Schluß
angeregte Beschäftigung mit astronomischen Dingen eine so erstaunliche Fülle
von Analogier zwischen Bau und Organisation der lebendigen Kreatur und der
des Kosmos ergab, wie sie in dem Maße keineswegs erwartet wurde, das möchte
ich doch als ein Zeichen dafür ansehen, daß nicht der ganze Weg falsch gewesen
s|in wird.
Staunen verwandelte sich fast in Bestürzung, als weiterhin die Verglei-
chung der ersten sich zufällig bietenden Milchstraßenkarte mit embryologischen
Bildern jene sehr merkwürdigen Aehnlichkeiten erkennen ließ. Obwohl gewissenhaftes
Studium aller nur — auch aus auswärtigen Bibliotheken — erreichbaren
Karten der Milchstraße zur Ueberzeugung führte, daß sich aus dem
Zeichnerischen noch nichts schließen ließ und daß hier wirklich vielleicht
nur ein Zufall im Spiele war, so blieb doch der durch diesen Zufall sofort
heraufbeschworene, mit einem Sturm widersprechendster Gefühle empfangene,
bi9 dahin nicht einmal geträumte Gedanke: Menschen — Keimzellen des Kosmos
? das Leitmotiv aller folgenden Arbeit. Denn als Arbeitshypothese angewandt
schien dies Motiv geeignet, von zahlreichen, noch dicht verhüllten
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