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bis zu einem gewissen Grade ungeheuer rasch wiederherstellt, unvergleichlich
viel rascher, als die zentrifugale, Energien vorstellende Funktion des motorischen
Nerven und viel früher, als die Achsenzylinder des sensiblen Nerven
Gelegenheit gehabt haben, sich zu regenerieren. Zwar fehlt es nicht an Hypothesen
zur Erklärung: keine jedoch kann recht befriedigen. Das nächstliegende
wäre jedenfalls die Annahme, daß die zentripetale Empfindungsleitung des
Achsenzylinders nicht bedarf, daß die Kraftlinien der Empfindung, wenn die
Umstände günstig liegen, imstande sind, die Unterbrechungsstelle zu überbrücken
wie unsichtbare, magnetische Kraftlinien, die den Weltäther durchschneiden
, zwar durch leitungsfähige Substanzen, wie Eisen, aufgesogen und
gesammelt werden, aber nicht unbedingt dieser magnetisch leitungsfähigen
Substanzen bedürfen.
Auch der motorischen Ganglienzelle wurde nunmehr sowohl zentrifugale
als zentripetale Kraft zugeschrieben, eine zentripetal-voi stellende, welche den
Raum innerhalb der Muskelfaser durch dorthin vorgestellte Energien physikalisch
verändert, indem sie ihn härtet, seine Konsistenz verändert, und andererseits
eine zentripetal-empfindende, welche diese Konsistenz und Konsistenzveränderung
wahrnimmt. In der Sprache der mediumistischen Forschung
wäre dann also der motorische Nerv jedes normalen Menschen ein ausgesprochener
Materialisationsnerv, der seine Vorstellung — eine Konsistenzvorstellung
— in den Raum der Muskelfaser lokalisiert und sie in den gleichen
oder ähnlichen Energien materialisiert wie das Medium seine Vorstellung, wenn
es &ie mit dem Teleplasma v. Schrenck-Notzings formt.
Nun erhob sich folgende Frage: Gut, es mag verständlich sein, daß ein
besonders veranlagter Mensch den physikalischen Vorgang, der z. B. zu einer
Verbrennung, einer Brandblase führt, zentrifugal durch Vorstellung an seiner
Körperoberfläche erzeugt, daß er mit der abnorm lebhaften Vorstellung des
Mediums oder des Hysterischen die gleichen oder ähnlichen Energien, die
er bei dem wirklichen Vorgang einer von außen verursachten Verbrennung
zentripetal empfindet, zentrifugal emittiert, dorthin vorstellt, wo er sie empfinden
will oder soll, so daß dort tatsächlich eine veritable Brandblase entstehen
muß, es mag auch verständlich sein, daß die ekstatische Therese Neumann
die Erinnerungsbilder, die sie aus den — zum größten Teil unbewußten —
zentripetalen Empfindungen ihrer während eines langen Krankenlagers erworbenen
Wundflächen empfangen hat und in sich deponieren konnte, an anderen
Stellen ihrer Körperoberfläche durch Vorstellung in die gleichen physikalischen
Veränderungen umsetzt, die ihr Gelegenheit gegeben hatten, ihre
Erinnerungsbilder zu erwerben — dies alles zugegeben, wie ist es aber möglich
, daß z. B. ein Fakir es fertig bekommt, vor einer großen Vnzahl von
Zuschauern das bekannte Seilphänomen in die Luft zu zaubern oder ähnliches?
Eine Massensuggestion kommt nicht in Frage, wo niemand vorher weiß, was
gesehen werden soll, und doch alle dasselbe sehen. Entweder ist es ein Trick
oder, wenn es keiner ist, so materialisiert der Fakir seine Bildvorstellung
im Raum, d. h. er schickt die physikalischen Energien, die, wenn der Vorgang
sich ohne sein Zutun draußen wirklich abspielte, den zentripetalen!
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