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Zeitschrift für Parapsychologie. 1. Heft. (Januar 1930.)
— mit anderen Worten — jeder Mensch und mit ihm alle netzhauttragende
Kreatur den Raum mit unsichtbaren Sehfühlern, lichtmagnetischen, durch den
Weltäther ungeheuer weit vorgestreckten Kraftlinien abtastet, daß die Linie
Netzhaut — Sitz der Empfindung eine zu uns gehörige Kraftlinie ist, daß
dieses lichtmagnetische Empfindungsfeld oder Lichtschwerkraftfeld bei jeder
Kreatur die Gestalt und Ausdehnung ihres Gesichtsfeldes hat, daß die Kraftlinien
dieses lichtmagnetischen Feldes beim Menschen peripher wenig dicht
liegen, zentral aber entsprechend der fovea centralis außerordentlich dicht
gebündelt sind, so daß dieses für den Erwerb unserer Erinnerungsbilder wichtigste
Kraftlinienbündel einem Scheinwerfer verglichen werden könnte oder
fast besser noch dem Faden eines Spermiums, der aus dem Körper des Spermiums
, vielleicht aus seinen beiden Zentriolen, in den Raum herauswächst.
Wenn wir mit diesen unsichtbaren, lichtmagnetischen Kraftlinien die Objekte
der Natur und Kunst berühren und unser Blut dabei in Lust oder Unlust
erbebt, so ist der Mechanismus der gleiche, wie wenn wir mit den in Nervenbahnen
gesammelten, in unsere Fingerspitzen hineingesandten Kraftlinien unserer
Tastnerven lust- oder unlustbetonte Empfindungen hereinholen. Der
Gefühlston der Empfindung ist ganz abhängig vom Charakter unserer empfindsamen
Substanz, die jene zentripetalleitenden, also magnetisch zu nennenden
Kraftlinien an die Peripherie des Körpers in normalem Falle, beim
Sehnerven auch normalerweise weit über diese hinausschickt durch den Weltäther
, da* durchsichtige Weltprotoplasma. Da die empfindsame Substanz,
das Chromatin der Zellen bei jedem Menschen entsprechend der Beschaffenheit
seiner endokrinen Stoffe, seines Ghromosomensystems, ein wenig anders
ist, so muß auch die Natur, der Charakter ihrer Kraftlinien, also der Blick
des Menschen, seine Lust und sein Gefühlston bei allen Menschen ein wenig
verschieden sein. *).
Auch dies soll hier nur ganz kurz gestreift werden, daß, wenn das Medium,
die Nervenbahn, in der sich das Licht bewegt, bei der Lichtempfindung vom
Menschen selbst geliefert wird, also ein Teil seines Ichs ist, das Problem von
der Konstanz der Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichts für jeden Beobachter
, sei es vom festen, sei es vom bewegten System aus, der scheinbare
^ !) Niemand kann wissen, ob zu allen Zeiten der zurückgelegten Phylogenese
die Netzhaut der lebendigen Kreatur, insbesondere des Menschen, für ebendieselben
Energien empfindlich gewesen ist wie die, die wir heute dem winzigen
„Lichtteil" des Spektrums zurechnen, niemand kann wissen, ob sie nicht in der
künftigen Phylogenese ihre spezifische Energie ändern wird, wenn allmählich
Dunkelheit sich über das Sonnensystem breitet, niemand kann voraussagen, was
Anpassung und Selektion hier wird leisten können. Die vergleichende Anatomie
kennt genügend Beispiele solcher Funktionsänderungen von Organen. Und wenn
es so sein sollte, so wäre es auch denkbar, daß gelegentlich Menschen vorkommen
, die — entweder in atavistischem Rückschlag oder künftige Entwicklung
vorausnehmend — imstande sind, Energien, die wir Normalen mit unserer nur
lichtmagnetischen Netzhaut nicht wahrnehmen, mit der ihrigen zu empfinden,
vielleicht selbst durch Wände hindurch, so wie der Stahlmagnet seine Kraftlinien
durch Wände schickt und ponderable Materie centripetal empfindet (vgl. die noch
zu publizierende Arbeit „Elektromagnetismus — die Welt der Vorstellungen und
Empfindungen").
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