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Zeitschdft für Parapsychologie. 1. Heft. (Januar 1930.)
mutlich ihre Härte den Energien des Kohlenstoffs, des Diamanten — kristallisierten
, gefrorenen Protoplasmas gleichsam — im wesentlichen verdanken.
Wenn das so ist, so muß erwartet werden, «daß genaue speklralanaly-
tischo Untersuchung der leuchtenden Materialisation Identität oder nahe Verwandtschaft
mit der Materie der kosmischen Nebel aufdeckt, d. h. das Spektruni
der von der Vorstellung des Mediums geformten Nebel muß dieselben oder
ganz ähnliche Linien des Wasserstoffs, Heliums, eventuell auch dieselben
noch unbekannten Linien zeigen wie die Spektren der kosmischen Nebel,
bei stärkerer Konzentration wahrscheinlich ähnliche Linien wie das «Spektrum
der Kometenschweife und -kerne, also vornehmlich Stickstoff- und Kohlenstoff
linien. Solche spektralanalytischen Untersuchungen sind, wie ich von
Herrn v. Schrenck-Notzing höre, bisher noch nicht gemacht. Auch er meint,
daß sie notwendig sind, aber wegen der Unberechenbarkeit und Launenhaftigkeit
der Phänomene ihre Schwierigkeiten haben werden. Man muß hoffen,
daß sie nicht unüberwindlich sind. Herr v. Schrenck-Notzing ist von der
Wesensähnlichkeit der Entwicklungsgesetze der mediumistischen Materialisationsvorgänge
und derjenigen der kosmischen Nebel und Körper längst überzeugt
. Die kosmobiologische Betrachtung kommt fast zwingend ?u dem gleichen
Resultat und es wäre eine weitere, nicht geringe Stütze für die Hypothese
, wenn die spektralanalytische Untersuchung das vorausgesagte Ergebnis
hat. Fast spricht das Teleplasma allein schon für ihre Richtigkeit1).
Auch die Vorstellungen des normalen Menschen müssen natürlich in der
gleichen Protoplasmaschrift geschrieben sein, bleiben aber für andere normale
unleserlich, weil eben die Vorstellung des Normalen bei weitem nicht die
Lebhaftigkeit hat wie die des Mediums, dessen Vorstellungen trotz ihrer viel
größeren sinnlichen Lebhaftigkeit ja auch nicht gerade leicht zu lesen sind, bei
Tageslicht schon äußerst selten und selbst im Dunkelzimmer nur, wenn sie
leuchten. Greifbar freilich sind sie oft genug. Die Protoplasmaschrift, die
mit den Elementen der Eiweiße geschrieben ist, hat eben die Eigenschaft der
Blässe und schweren Lesbarkeit, sie ist nur der Schatten der Ghromatinschrift,
in der wir unsere Empfindungen lesen. Wäre dem nicht so, so würden wir
uns gar nicht in der Welt zurechtfinden, würden fortgesetzt in Gefahr sein,
Wifklichkeit und fremde Vorstellung zu verwechseln, würden uns wie der
magische Mensch früherer Zeiten, der möglicherweise mit seiner sinnlich viel
lebhafteren Vorstellung häufig Sichtbarkeiten für einander schuf, von Geistern
umgeben glauben, eben jenen ätherischen Geistern, die die Vorstellung des
Mediums schafft. Dennoch mag es sein, daß unter bestimmten Bedingungen —
im Trance, in der Hypnose, vielleicht auch gelegentlich in der psychoanalytischen
Situation — gewisse, dann als hellseherisch zu bezeichnende Menschen auch
die blasse Schrift der normalen Vorstellung — ihnen selbst nicht bewußt, auf
0 Die Arbeit wurde im November 1928, noch zu Lebzeiten von Schrenck-
Notzings, von der Redaktion der Zeitschrift zum Abdruck angenommen. Ihrer
Niederschrift war ein Briefwechsel mit Baron v. Schrenck-Notzing über das hier
berühtre Problem vorangegangen.
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