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Kritik und Methodik,
Bozzanos Einwände gegen meine Kritik der Millesimo-
Experimente und gegen mich selbst.
Von B. Lambert.
Bozzano, bekannt für die Heftigkeil seiner Polemik, kämpft im Seplember-
heft von jjLuce e Ombra * auch gegen mich aufs schärfste. Da er nur sein©
"\on mir widerlegten Scheinargumente für die Echtheit der Millesimophäno-
mene wiederholt1), hätte ich nicht geantwortet, wenn Schweigen nicht ala
\nerkennung seiner ehrenrührigen Vorwürfe gedeutet werden könnte.
Ich beginne mit Proben der Maßlosigkeiten, mit denen Bozzano die
Schwäche seiner Argumente übertönt. Er spricht von .,Hunderten von Un-
genauigkeiten, Absurditäten und Hinterlistigkeiten" in meiner .,Anhäufung
giftigen Materials und kindischer Hypothesen"; dann erwähnt er meine ,»ebenso
dumme wie unverschämte Geistreichigkeit", auch verfüge ich über „hinterlistige
Künste jeder Art*'; ferner deute ich alles in Millesimo ,,mit Hilfe einer
unerschöpflichen Kette unwürdiger Insinuationen oder tölpelhafter Hypothesen
, verbunden mit einem völligen Mangel an Skrupeln"; ich .,fälsche"
Bozzanos Texte und „verächtlich" lehnt er „die unsinnigen Verleumdungen
ab, die von einem Menschen ausgehen, der nicht weiß, was er tut".
Diese Blütenlese der Invektiven Bozzanos zeigt, daß mit solchen Fanatikern
keine wissenschaftliche Diskussion möglich ist. Man riet mir, im gleichen
Stil zu antworten, doch verlor ich den Kinderglauben an die magische Kraft
des Schimpfwortes, den sich der greise Bozzano in rührender Weise bewahrte.
Bozzano könnte scheinbar einwenden, ich hätte ihn durch Verdächtigung seiner
Medien zu solchen Zornausbrüchen herausgefordert. Wäre dies eine Rechtfertigung
, so könnte jeder Extremgläubige Berichte veröffentlichen, deren
Abenteuerlichkeil im umgekehrten Verhältnis zu ihrer Beglaubigung steht,
ohne daß eine Kritik möglich wäre, solange es verboten wird, hypothetisch
, wie ich es tat, einen Betrug der Medien vorauszusetzen, wobei wir es
offen lassen, ob gegebenenfalls ein bei klarem Bewußtsein, oder in einem Zustand
der Persönlichkeitsspaltung ausgeführter Betrug vorliegt. Solche Betrugs-
ei^rterungen sind eine Notwendigkeit, wenn die Parapsychologie Wissenschaft
sein soll; trifft nicht die Schuld an diesen Peinlichkeiten diejenigen, die wie
Bozzano betrübend dokumentierte, Medien wie Experimentatoren kompromittierende
Berichte veröffentlichen?!
Von Bozzanos Einwänden gegen meine Kritik bespreche ich den einzigen,
der etwas Neues bringt, da er auf zwei Uebersetzungsfehler hinweist in meiner
Erörterung der angeblichen Levitation des Mediums samt Stuhl an die Decke
des Sitzungsraums (Z. f. P. 1929, S. 472). Ich glaubte, der Stuhl sei mit den
Füßen nach oben in der Zirkelinitte niedergefallen; da M. hierbei nicht verletzt
wurde, schloß ich, dieser habe vielleicht den Stuhl gehoben. Tatsächlich
ging der Stuhl einfach nach der anderen Seite gewendet auf seine Füße nieder.
l) Vgl. die kommende Veröffentlichung in der Z. f. P. 1930.
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