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64 Zeitschrift für Parapsychologie. 1. Heft. (Januar 1930.)
ihm jeweils gebrachten Beispielen verdanke. In dem Abschnitt, in dem ich, die
theoretischen Erörterungen eröffnend, Bozzanos Anwendung der spiritistischen
Hypothese einschränke, sage ich: „Kemmerich erklärt es in seinem Werk für
das Hauptverdienst Bozzanos, daß er sogar die materiellen Phänomene nachweisbar
auf Verstorbene zurückgeführt habe; ich kann Kemmerichs Urteil nicht
zustimmen, denn gerade dies ist der einzige Punkt, bei dem Bozzanos
Beweisführung versagt". Auf derselben Seite 132 beginne
ich die Betrachtung und Widerlegung der vier antispiritistischen llypolhesen
mit den Worten: ,,So sehr ich von Bozzano hierin abweiche, so sehr bin ich
davon überzeugt, daß er recht hat, wenn er den immateriellen Spuk fast durchweg
auf das Eingreifen Verstorbener zurückführt." Da ich dann in der Beweisführung
immer wieder unter Nennung seines Namens Fälle aus Bozzano als
Beleg anführe, ist es sinnlos, zu sagen, ich hätte die von Bozzano und Kemmerich
kurz vorher veröffentlichten Beweise als meine eigenen ausgegeben,
was angesichts der Verbreitung des Kemmerichschen Buchs wahnwitzig gewesen
wäre. Damit bricht auch der letzte Punkt der Bozzanoschen Vorwürfe zusammen
.
Man könnte meinen, ich hätte die Pflicht der Dankbarkeit verletzt, indem
ich einem Mann, dem ich viel für mein Spukbuch verdankte, jetzt Kritiklosigkeit
vorwerfe; dies ist falsch, gerade weil ich mit (jeneral Peter und Kemmerich
am meisten tat, Bozzano in Deutschland bekanntzumachen, war es meine
Pflicht, mit der größtmöglichen Höflichkeit darauf hinzuweisen, daß seine
neuen Arbeiten selbst bescheidenen Ansprüchen wissenschaftlicher Kritik nicht
genügen
Zur Vermeidung von Mißverständnissen fasse ich meine durch unseren
Konflikt nicht veränderte Beurteilung Bozzanos zusammen. Seine Artikel
über Millesimo bedeuten eine tragische Verirrung dieses verdienstvollen Mannes
, dem wir eine Reihe vorzüglicher Monographien über die meisten Gebiete
der Parapsychologie verdanken, wie z. B. über Vorahnungen, Spukphänomene
und „Die nietapsychtschen Erscheinungen und die Tiere". Sie alle fassen das
jeweilige Material gut zusammen: doch müssen sie kritisch gelesen werden»
da Bozzano in steigendem Maße neben ausgezeichneten Fällen auch die unbegründetsten
nicht verschmäht, wenn sie seiner vorgefaßten Meinnng entgegenkommen
1).
Kritik der Kritik.
Von Rudolf Bernouili.
Als >or vier Jahren unsere Zeitschrift ihren alten Titel „Psychische Studien",
unter dem sie schon über ein halbes Jahrhundert unermüdlich für die Anerkennung
der Tatsächlichkeit okkulter Phänomene gekämpft hatte, gegen den
neuen vertauschte, den sie jetzt noch führt, konnten es nur schwerwiegende»
Gründe sein, die diese Aenderung veranlaßten: Es handelte sich nun nicht
l) Vgl. meine Referate über „Luce e Ombra' in der Z. f. P. 1927 S. 761; 1928
S. 440-442; 1929 S. 670-71.
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