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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1930/0084
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Zeitschrift für Parapsychologie. 1. Heft. (Januar 1930.)

Vorgänge sich auf berühmte Gelehrte und die Berliner Teilnehmer der Untersuchungen
als Sachverständige beriefen. Ein Vergleich scheiterte, da der Gegen
anwalt meinte, dieser könne sich nur auf die Erklärung oder den Beweis stützen,
daß es keinen Spuk gebe. Er behauptete, daß hier nur Machenschaften der
Eheleute R., und namentlich gewinnsüchtiger Betrug der kleinen Lucie vorliege.
Dr. Tarnowski behauptete demgegenüber das aus der Wissenschaft und durch
das Zeugnis prominenter Geistesgrößen belegte Vorkommen des Spuks im allgemeinen
und die durch die Berliner Untersuchungen bestätigte Tatsache im vorliegenden
Falle. Absichtliches Handeln der Familie oder gar betrügerisches
Verhalten komme gar nicht in Frage. Für den Leumund und den guten Glauben
der Beteiligten könne der katholische Pfarrer Hillebrand vernommen werden, an
den sich die Eheleute bereits im Januar bei Auftreten der ersten Erscheinungen
Rat und Hilfe suchend gewandt hätten. Dr. Thiem beschränkte sich auf die Darlegung
der mieterrechtlichen Verhältnisse und betonte, daß ein Schaden für den
Hauswirt bisher noch nicht entstanden sei, und da er keine Verkaufsabsicht
hege, auch für später nicht zu erwarten sei.

Das Gericht kam zur Vertagung des Prozesses und beschloß, den genannten
Pfarrer zu vernehmen.

Am Sonnabend, dem 14. Dezember, fand abermals Verhandlung statt, die
mit der Vernehmung des Pfarrers Hillebrand begann. Er schilderte die unseren
Lesern bekannte Tatsache, daß die Eheleute sich bei ihm Rat und Schutz geholt
hätten, da sie die auftretenden Erscheinungen nicht erklären konnten und
sehr darunter litten. Er habe in Gegenwart zweier Zeugen sich auf die Wohnung
begeben, aber selbst nichts erlebt. Als am anderen Tage wiederum die
Familie bei ihm vorstellig wurde, habe er geglaubt, Ärzte hinzuziehen zu müssen.
So sei er an San.-Rat Dr. Bergmann herangetreten, der dann seinerseits mit
Dr. Sünner erschienen sei und die weitere Untersuchung veranlaßt habe. Er stellte
der Familie bezüglich der Glaubwürdigkeit das beste Zeugnis aus.

Die Anwälte plädierten darauf wiederum in der schon oben angedeuteten
Weise.

Nach kurzer Beratung kam das Gericht zur Abweisung
der Klage des Hauswirts.

Bei beiden Verhandlungen war die Presse recht zahlreich vertreten. Nach
dem ersten Termin erschienen wiederum groß aufgemachte Berichte namentlich
in der Sensationspresse. Nach der Verkündigung des obigen Urteils war dies
jedoch nicht mehr der Fall, man fand kaum eine diesbezügliche Notiz. Das ist
an sich nicht verwunderlich, wenn man das spöttische Lächeln einiger Journalisten
beobachten konnte, von denen sich während der Plädoyers der eine oder andere
zu der Frage veranlaßt sah, wie man heute noch an derartiges glauben könne.

Der Sachverständigkeit von solchen Berichterstattern stellt die veränderte Einstellung
, nur das schlechteste Zeugnis aus, da wohl mit Recht angenommen werden
darf, daß sie bei einem anderen Ausgang des Prozesses in großer Auf-
* machung berichtet hätten. Wäre doch damit nach der Auffassung dieser Herren
bewiesen worden, daß kein Spuk sein darf, womit die Welt und die für
das Großstadtpublikum zurechtgemachte Auffassung mal wieder gerettet worden
wäre!

4 Einen sehr sachlichen Aufsatz, mit dem wir ausnahmsweise diesmal übereinstimmen
konnten, veröffentlichte Hellwig in der „Deutschen Allgemeinenn Zeitung
" vom 26. November. Er ist betitelt: „Zivilprozesse über Spukhäuser", und
der Verfasser meint zum Schluß, daß „das einzig richtige methodische Vorgehen
in solchen Prozessen sei, daß das Gericht jede Beweiserhebung über die
Echtheit angeblicher Spukerscheinungen ablehnt, da eine befriedigende, jeden
Zweifel ausschließende Lösung dieser höchst bestrittenen wissenschaftlichen
Frage unter keinen Umständen in einem Zivilprozeß erfolgen kann".

Dieser Meinung war auch der Vorsitzende dieses gewiß nicht alltäglichen
Berliner Prozesses. Man kann sagen, daß die Räumungsklage wirklich überflüssig
war, und daß der Hauswirt sich selbst dabei keinen Vorteil brachte,
indem er sein Haus noch einmal auf diese Weise ins Licht der Öffentlichkeit
setzte. Sünner.


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