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Peter: Polemische Bemerkungen Bozzanos an Herrn R. Lambert als Antwort 131
der Phänomene liefern, zieht Herr Lambert den Schluß, daß die geschehenen
Konversationen in lateinischer, spanischer und deutscher Sprache aus wenigen
Phrasen ohne theoretische Bedeutung gebildet seien. Dies ist sehr falsch, wie
wir bald sehen werden. Er (Lambert) fügt bei, daß es auch nicht außerordentlich
sei, wenn die angeblichen Geister in fünf verschiedenen italienischen Dialekten
gesprochen haben, denn es finden sich überall Personen, welche Dialekte
in meisterhafter Weise imitieren können. Dies ist ganz falsch; die Dialekle
sind schwieriger gut zu sprechen als Sprachen und nichts ist schwerer, als in
Dialekten mit dem genauen Akzent derselben zu reden. In Genua sind Italiener
aus allen Provinzen Italiens, welche seit 3o Jahren dort wohnen und jsie
sprechen im genueser Dialekt, aber kaum haben sie den Mund geöffnet, so bemerkt
man sofort, daß sie keine Genu°ser sind x). Und dies gilt für jrden anderen
Dialekt; vor allen aber für den sizilianischen und römischen, welche außergewöhnlich
schwierig sind.
Herr Lambert schließt seine linguistische Analyse wie folgt: „Die Sicherheit
, mil der Bozzano seinen Medien die elementarsten Kenntnisse der hauptsächlichen
fremden Sprachen abspricht, macht uns mißtrauisch..Ich betone,
daß Herr Lambert nicht nur die Phänomene von Millesimo bezweifelt, ier
zweifelt auch beständig an meinem Worte; dies ist eine grobe persönliche Beleidigung
.
Mich zu den Phänomen der Xenoglossie wendend, bemerke ich, daß
in der Manifestation der mediumistischen Personalität des Generals Navarra,
der mit dem spanischen Heer in den Kriegen Karl V, mit Franz I. von Frankreich
bei Millesimo vorübergekommen war, anfangs in seiner Sprache sagte:
„Ich bin Spanier, aber um mich zu verstehen, werde ich lateinisch sprechen."
Darauf sprach er lateinisch. Nun dies ist theoretisch von größter Bedeutung,
auch vom Gesichtspunkt der persönlichen Identifikation des sich mitteilenden
Geistwesens, und zwar in anbetracht der Tatsache, daß in dem Zeitalter, in
welchem General Navarra lebte, alle gebildeten Edelleute Latein kannten, sich
dieser Sprache in der Konversation bedienten und sich so mit den Edelleuten
der verschiedenen Nationen verständigten.
Nun muß man doch zugeben, daß in dem Vorfall sich eine so eindrucks-
\olle Uebereinstimmung mit dem zeigt, was ein Edelmann des 16. Jahrhunderts
getan hätte, der sich unversehens in einem kleinen Kreis von gebildeten Personen
befunden hätte, welche seine Sprache nicht verstanden und jenem, das
sich bei uns ereignete, daß man unwiderstehlich an eine spiritistische Erklärung
der Tatsachen als die einzige Hypothese denken muß, die eine befriedigende
und natürliche Begründung zu geben imstande ist. Mein Kritiker
macht die Einwendung, daß die von der mediumistischen Personalität vorgebrachten
lateinischen Phrasen „inkorrekt genug waren". Sehr gut! Dies
ist ein Beweis mehr, daß es sich wirklich um einen Fall von spiritistischer
Identifikation handelt, da die Edelleute des 16. Jahrhunderts nicht das.
klassische Latein des Cicero sprachen — ganz im Gegenteil! Sie sprachen
l) Durch Vaiiantine sprach ein Geist im verkehrten Dialekt, ohne daß Bozzano
es merkte. L.
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