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intensiv reagierte. Die Szene gestaltete sich plötzlich direkt dramatisch. Wie
von einem großen Schreck erfaßt rief sie auf einmal: „Was ist denn das? O Gott,
ich seh ja nur noch das Knochengerüsce!" schilderte schaudernd den Anblick des
„Totenschädels" und beschrieb dann, wie es sich in der Tat wirklich verhielt
eine Krümmung im untern Teil der Wirbelsäule, eine Deformität des Beckens
und die Verkürzung des linken Beines. Jedenfalls ein vorzüglicher telepathischer
Akt, da Dr. T. ja den Patienten kennt, der an Knochentuberkulose litt.

Interessanter noch wurde der zweite Versuch. Frau H. befand sich wei'ter
in Tieftrance. Mein mitanwesender Sohn wurde veranlaßt, ein auf der andern
Seite des Korridors gelegenes, durch mehrere Wände vom Untersuchungsraum
getrenntes Zimmer aufzusuchen mit dem Auftrag, dort irgendwelche ganz beliebige
, den übrigen Anwesenden aber völlig unbekannte Handlungen vorzunehmen
. Da es dem Medium anfangs sichtlich schwer wurde, Angaben darüber zu
machen, legte Herr T. zur besseren Herbeiführung des Rapports die absichtlich
dabei falsch gestellte Taschenuhr meines Sohnes in die eine Hand. Zunächst gab
sie auf die Minute genau die Zeit an (die Zimmeruhr stand natürlich, also auch
hier in Telepathie mit den Anwesenden) und dann schilderte sie, wie hinterher
der Vergleich mit dem Protokoll ergab, genau, das was mem Sohn in dem
andern Zimmer ausführte. Sie beklagte sich, daß sie ihn nicht richtig sehen
könne, weil er hinter einem hohen Blumenstrauß stehe, wie es tatsächlich der
Fall war usw. Ganz besonders bemerkenswert und psychologisch interessant war
aber folgendes. Mein Sohn hatte zwei Bücher von einem Tablett genommen,
und sie auf die Platte eines Pultes mit Jalousieversohluß gelegt. Dabei schlug
dieser unversehens herunter und schnappte ins Schloß, ohne daß es möglich war,
ihn wieder emporzuschieben. Mein Sohn versuchte erfolglos das Schloß zu
öffnen. Das mochte dem Medium, das häufig zur Entdeckung von Diebstählen
verwendet wird, gewissermaßen auf sie eingestellt ist, im Trance die Vorstellung
eines Einbruchversuches geben. Kurz, wir sahen in diesem Moment, wie seine
Gesichtszüge sich plötzlich veränderten und einen äußerst gespannten Ausdruck
gewannen. Sie erhob drohend die halbgeöffnete Hand, schien aufzuhorchen und
rief wiederholt: „Was macht denn der? Was macht denn der?" Als der vermeintliche
Attentäter wieder in unser Zimmer trat, sagt sie im Erwachen zu
ihm: „Sie, gehen Sie mal nicht an fremde Schränke!"

Frau Marie Hessel ist eine damals wenigstens völlig gesunde Dame, leicht
zur Fülle neigend, ohne jeden psychopathischen Zug und frei von jedem
hysterischen Einschlag. Eine sehr sympathische Frau, in der wohl niemand eine
Hellseherin vermuten dürfte, der mit ihr eine Alltagsunterhaltung führt. Meine
weitern Erfahrungen mit ihr sind diametral entgegengesetzt denen des Herrn
Landgerichtsdirektors Hellwig. Denn auch in diesem Falle ist kaum ein Zweifel
an der Tatsächlichkeit eines hellseherischen Vorganges. Für mich persönlich
bedurfte es dieses Beweises überhaupt nicht, nachdem ich früher mit einem von
mir selbst entwickelten „Nichtberufsmedium" ganz überraschende Versuche
räumlichen Hellsehens zwischen Leipzig und Naumburg angestellt hatte, bei
aeren einem ein sehr interessantes akustisches Phänomen eintrat: Ein Klopfen
des Mediums auf eine Tischplatte in Leipzig wurde in Naumburg a. S. von dem
Herrn, an den es in meinem Auftrag gerichtet war, während er lesend bei der
Lampe an seinem Tische saß — eine Situation, die es übrigens ganz genau im
Trance schilderte — als Anklopfen an seiner Zimmertür wahrgenommen. Ja,
sein Hund — Hunde sind ebenso wie Katzen und Pferde nicht selten hellsehend
und hellhörend — der schlafend am Ofen lag, richtete sich dabei knurrend auf,
während der Herr die Tür öffnete, um niemanden hinter ihr zu finden. Da dieser
Herr noch in Naumburg lebt, bin ich jederzeit für Zweifler in der Lage, von ihm
eine Bestätigung der Tatsache zu erhalten. Es ist der langjährige Besitzer des
früheren Sanatoriums Naumburg a. S., dessen ärztlicher Leiter ich weit über ein
Dezennium war. Das ausgezeichnete Medium selbst ist nicht mehr am Leben.
Es war damals ein blühendes, sehr tatkräftiges, von Gesundheit strotzendes junges
Mädchen,so ganz anders von Aussehen, als das Publikum sich sonst wohl
ein Medium vorstellt. Ich möchte mit dem Bericht über die geschilderten übersinnlichen
Leistungen noch einen recht instruktiven Fall von H e 11 h ö r e n verbinden
.

Am 18. Mai vorigen Jahres erschoß nachmittags kurz vor 2 Uhr — Be-


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