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Kindborg: Ein überwältigendes Apportphänomert.
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Raumes gleichmäßig verteilt den Boden bedeckten. Im übrigen kommen auch
solche Privatzirkel, mag ihnen zwar wissenschaftliche Schulung und Einstellung
fehlen, nicht des Spaßes halber zusammen. Ich bin überzeugt, daß
dieses Moment in der Phantasie unwissender und böswilliger Widersacher eine
ganz andere Rolle spielt als in Wirklichkeit.
Zur Person des Mediums sei in Ergänzung der vorherigen Angaben noch
mitgeteilt, daß es sich um eine Hausfrau und Mutter zweier halberwachsener
Söhne handelt, die blühend aussieht, sogar bedeutend jünger als sie in Wirklichkeit
ist und sich in jeder Hinsicht der besten Gesundheit er freut. Ihre
Medialität machte sich schon in der Jugend während der Reifezeit geltend,
mit dem Ergebnis, daß die davon Betroffene früher durch mangelnde Einsicht
ihrer Umgebung viel zu leiden hatte. Jetzt hat sie in der Ehe an der Seite
eines rücksichtsvollen Gatten Ruhe gefunden. Die regelmäßigen Sitzungen in
meinem Kreise machte sie, wie auch die früheren, in uneigennütziger Weise,
lediglich aus Liebe zur Wahrheit, und seit unserer Bekanntschaft auch zur
Wissenschaft. Ihre Hausfrauenpflichten ermöglichen es ihr immer nur, spät
sich frei zu machen, so daß die Sitzungen selten vor der zehnten Abendstunde
beginnen können Es ist daher ein besonderes Opfer ihrerseits, damit such noch
den größten Teil der Nacht zuzubringen, um erst lange nach Mitternacht den
Heimweg anzutreten. Denn die außerodentliche, nachhaltige Lichtscheu, die sich
bei ihren Trancezuständen von jeher, auch ohne das geringste physikalische
Phänomen, bemerkbar gemacht hat, verhindert sie, nach den Sitzungen die
um diese Zeit noch verkehrende Straßenbahn zu benutzen. Angesichts dieser
Hingabe an einen idealen Zweck erfülle ich daher nur eine Pflicht, wenn ich
der Dame, die keinen anderen Wunsch hat, als den, unerkannt und unbekannt
zu bleiben, an dieser Stelle öffentlich danke.
Die Sitzung am 17. November 1928, wie gewöhnlich in meinem W ohnzimmer
, begann damit, daß ein Mitglied Frau Sp. einen in diesem Zusammenhange
bedeutungslosen Traum erzählte. Dadurch angeregt, berichtete das Medium
auch seinerseits einen Traum gehabt zu haben. Einer der Teilnehmer, Redakteur
L., habe mit einem älteren Manne, der beschrieben wurde, vor dem Geschäftsgebäude
der Zeitung gestanden und habe diesen Herrn mit dem Vornamen
Gustav angeredet. Herr L. konnte sich im Augenblick an einen bestimmten
Bekannten mit diesem Vornamen nicht erinnern, und der andere Redakteur,
Herr Seit, fügte hinzu, ,.irgendeinen Gustav kennt doch schließlich jeder." Erst
dann fiel beiden Herren ein, daß an der betreffenden Zeitung ein Prokurist
dieses Namens gearbeitet hatte, der vor einigen Monaten in hohem Alter verstorben
war. Doch erklärte Herr L., daß er mit ihm nicht vertraut genug gewesen
wäre, um ihn mit Vornamen anzureden. Wir ließen den Zusammenhang
als scheinbar nebensächlich auf sich beruhen und wandten uns dem gewohnten
Schreiben an der Planchette zu.
Dieses vollzog sich regelmäßig so, daß das Medium mit einer zweiten Dame
die Finger auf ein umgestülptes Qlas legte und dieses dann in der bekannten
Weise durch Gleiten auf einer großen Papptafel, die dort aufgezeichneten Buchstaben
anzeigte. Dabei ließ ich che Tafel immer von den Schreibenden abgewandt
legen, um das Mitlesen und die dadurch leicht bedingte autosuggestive Beein-
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