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168 Zeitschrift für Parapsychologie. 3. Heft. (März 1930.)
Frau, die groß ist und in dem betreffenden Augenblicke noch nicht Zeit gehabt
hatte sich wieder auf ihren Platz zu setzen, so daß sie den ganzen Tisch übersehen
konnte, während die Leuchterscheinung gerade in ihrer Augenhöhe war.
Auf ihre gute Beobachtungsgabe bei naturwissenschaftlicher Schulung lege ich,
wenn ich ihren Bericht folgen lasse, besonderen Wert. „... Ich stand von meinem
Platze auf, um die Gardinen zuzuziehen, und nachdem dies geschehen war,
tastete ich mich langsam im dunklen an meinen Platz zurück, die übrigen am
Tisch Sitzenden bildeten noch Kette. Kurz vor meinem Platze angelangt, noch
hinter dem Stuhl meines Nachbarn Herrn Seit stehend, gewahrte ich folgendes
in wenigen Sekunden sich abspielende Ereignis; ein markerschütternder Schrei dei
Mediums, ein etwa 40 cm langer, zirka 2 Finger dicker greller Blitz, etwa 14 cm
unter dem Kronleuchter, der über dem Sitzungstisch hängt, gleichzeitig von
Zischen und Krachen begleitet. (Die Entfernungen wurden durch Zeigen mit der
Hand nachträglich schätzungsweise abgemessen. Ref.) Sofort sagte einer der
Teilnehmer: „Es ist etwas heruntergefallen." Ich setzte mich stiu auf meinen
Platz und schaltete mich in die Kette wieder ein..."
Der hier als Platznachbar genannte Herr Seit, der sich bei den Lesern dieser
Zeitschrift bereits durch seinen Artikel in der Julinummer mit Namen eingeführt
hat, berichtet das Folgende, was ich mit geringen Kürzungen wiedergebe: „Gegen
11 Uhr abends wurde das Zimmer gänzlich abgedunkelt. Das Medium hatte sich
kurz vorher von der Tischrunde entfernt und sich in den Klubsessel abseits gesetzt
. Anzeichen beginnenden Trancezustandes waren bis dahin nicht bemerkbar
gewesen *), sie wollte sich angeblich von den Strapazen des Schreibens an der
Planchette ausruhen. Wir bildeten 9 Personen die Kette. Das Medium fiel kurz
nachher in Trance und sagte: „Ich habe solche Angst." Nach kurzer Zeit sagte
sie, es sei noch zu hell im Zimmer. Darauf stand Frau Dr. Kindborg, die links
neben mir saß, auf und ging zu den beiden nach dem Königsplatz gelegenen
Fenstern, um dort noch die Uebergardinen zuzuziehen. Die Dunkelheit war nun
nahezu vollständig. Ich konnte keinen Gegenstand, keine Person im Zimmer auch
nur andeutungsweise erkennen, hörte nur, daß Frau Dr. K. sich wieder ihrem
Platz näherte. Das Medium war sehr unruhig, atmete heftig und sagte vernehmlich
: „Mir stehn die Haare zu Berge."
Kurz darauf stieß dasselbe einen gellenden, langgezogenen Schrei aus. ..
mit dem Verklingen des Schreies flammte dann plötzlich an dem Kristallkronleuchter
, der mitten über dem Tisch hing, ein starkes weißlichblaues Licht auf ...
Für den Bruchteil einer Sekunde konnte ich alle Teilnehmer und alle Dinge im
Zimmer klar erkennen... Ich hörte die Prismen an der Krone klirren, desgleichen
die Wassergläser, die auf dem Tisch standen. Dagegen habe ich keinerlei Gegenstände
fallen hören.
Die Dunkelsitzung dauerte nachdem bei geschlossener Kette noch an, mit
Rücksicht auf das Medium, das in solchem Zustande gegen Licht sehr empfindlich
ist. Wir tauschten unseie Meinung über das Phänomen aus, die dahin ging,
daß wir soeben Zeugen eines unerklärlichen Vorganges gewesen seien... Da
sagte das Medium mit klarer Stimme: „Jetzt kann wieder Rotlicht angezündet
werden." Dies geschah ... Mit einem Male rief mein Kollege L., der mir gegenüber
saß: „Hier liegt eine Ansichtskarte mit der Adresse Gustav X." Indem ich
hinschaute, entdeckte ich, daß auch vor meinem Platz eine Karte mit der gleichen
Anschrift lag. Nun meldeten sich alle Teilnehmer; jeder hatte eine Karte vor
sich liegen. Ein paar andere lagen mitten auf dem Tisch. Das Erstaunen war
grenzenlos. Ich hatte das Gefühl, etwas Erschütterndes, Eigenartiges erlebt zu
haben..."
Redakteur L., ein Herr von Ende der 60, der sich seit Jahrzehnten mit
Parapsychologie beschäftigt, bisher aber immer der animistischen Auffassung
gehuldigt hatte, schreibt: „Gleich zu Beginn meldete sich durch den vom Medium
und Frau K. gehandhabten Psychographen zum erstenmal eine Zirkelteilnehmern
bekannte Persönlichkeit, der im September 1928 im Alter von 81 Jahren verstorbene
..... Gustav X. Wir hatten vor Sitzungsbeginn von ihm geplaudert,
nachdem mir das Medium erzählt hatte, sie habe mich am letzten Mittwoch vor
der Tür der.....-Zeitung stehen sehn mit einem Herrn, den ich mit den Worten
*) Nach meiner Auffassung beim Schreiben doch schon in Halbtrance. Ref.
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