http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1930/0211
Kindborg: Ein überwältigendes Apportphänomen.
189
stand gefaßten Idee erscheinen lassen soll. Wohl könnte ich mir die Gestaltung
einer Materialisation nach solcher Idee eines leitenden Geistwesens denken.
Aber hier handelte es sich doch um ganz konkrete, ja triviale Dinge, wie alte
mit Briefmarken versehene und abgestempelte Ansichtskarten, die sicher irgendwo
auf der Erde gewesen und nicht erst im Jenseits durch einen ideellen
Schöpfungsakt erzeugt sind. Geradezu widerlegen läßt sich die Seltsche Auffassung
durch den vorhin schon herangezogenen Fall des javanischen Stein-
spuks. Bei diesem bekanntlich sehr gut beobachteten Fall kamen Steine wieder,
die man gezeichnet und ins Wasser — einen in Tiefe rauschenden Gebirgsbach —
geworfen hatte. Ein andermal waren die Steine heiß, wenn draußen die Sonne
schien, feucht, wenn es draußen geregnet hatte. Wir haben in den durch Bezeichnung
kenntlich gemachten Steinen geradezu ein Gleichnis der benützten
Postkarten vor uns1). Ich muß also derartige Fälle, um den nach meiner
Meinung zutreffenden Ausdruck von Seit zu brauchen, als „Transportfälle"
ansehen.
Für die geistige Urheberschaft solchen Transports habe ich nur noch die
spiritistische Auffassung übrig. Denn mag man von der anima des Mediums
noch soviel erwarten, man kann ihr doch nicht gut zutrauen, auf i Kilometer
Entfernung Gegenstände aus einem verschlossenen Räume zu holen, um sie
in einem anderen verschlossenen Räume unter Blitz und Donner wieder zur
Stelle zu bringen. Nehme ich hinzu, daß das geschilderte Phänomen ja nicht
außer Zusammenhang erschienen ist, sondern sich an vielfach beobachtete Aufnahme
geistigen Inhalts aus dem Bewußtsein Verstorbener anschloß, so komme
ich immer mehr zu dem Schluß, daß die alten, viel geschmähten Spiritisten
ganz richtig beobachtet haben. Ist doch, worauf ich in einer Diskussionsbemerkung
1927 auf dem 3. internationalen Kongreß in Paris schon hinwies, die
ganze moderne Parapsychologie nichts anderes als die wissenschaftliche Bestätigung
aller der Phänomene, die sich in spiritistischen, meist Famiiienzirkeln,
von jeher ereignet haben. Sollte es also, schloß ich damals, nicht möglich sein,
daß schließlich auch die Grundidee recht behält? Nunmehr bin ich sicher,
daß sie richtig ist. Hat doch mit ihrer Möglichkeit schon Driesch immer gerechnet
und wenn dieser Vorkämpfer parapsychologischer Ideen früher einmal
gesagt hat, daß die sichere Kundgebung eines Verstorbenen für die Menschheit
mehr bedeuten würde, als ihre gesamte Geschichte und Kulturgeschichte es
tut, so ist es vielleicht nicht zuviel, an den Schluß meiner Ausführungen, wie
ich es bei meinen beiden Breslauer Vorträgen getan habe, die Goetheschen Worte
zu setzen: „Das Unbeschreibliche, hier ist es getan/'
l) Auch bei einer frischen Papaiafrucht und einem Stück Mauerkalk, die dort
als spukhafter Apport erschienen, fanden sich draußen die entsprechenden Bruchstellen
. Ebenda S. 224
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1930/0211