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204 Zeitschrift für Parapsychologie. 3. Heft. (März 1930.)
nicht wohl, sondern „heulte". Mit 22 Jahren heiratete Fräulein Oeffers ihren um
sieben Jahre älteren Mann, der damals Gutsbesitzer war, später aber studierte
und mehrere Jahre Direktor einer landwirtschaftlichen Winterschule war. Nach
Angaben der Frau Günther-Oeffers ist ihr Gatte seit Ende des Krieges ohne
Einkommen, so daß sie mit ihrer hellseherischen Arbeit die Kosten des Haushaltes
zu tragen hat. Ihre Ehe bezeichnet Frau Güntfoer-Geffers als durchaus
glücklich. Ihre Arbeit als Kriminaltelepathin hat sie seit 1921 geschäftlich aufgezogen
. Durch einen angeblich anonymen Besucher sei sie veranlaßt worden,
sich Geschäftsbriefbogen drucken zu lassen mit der Firma: „Detektei Animismus"«
Sie gab dem Verfasser der vorliegenden Zeilen an, daß sie auch heute noch nicht
wisse, was das Wort Animismus bedeute!
B. Da ich seitens des Gerichtes für die erste Instanz auf den 12. Mai 1927
als psychologischer Sachverständiger geladen war, mußte ich damit rechnen,
wieder geladen zu werden. Deshalb bat ich Frau Günther-Geffers wiederholt,
nach Berlin zu kommen und sich zu Versuchen zur Verfügung zu stellen. Denn
im letzten Augenblick hatte ich 1927 um Befreiung vom Erscheinen bitten
müssen, weil ich wegen des Heilpädagogischen Kongresses in Berlin in meiner
Eigenschaft als Ausstellungsverwalter nicht abkömmlich war. Diese Bitte an
Frau Günther-Geffers war um so mehr berechtigt, als nach meinen Erfahrungen
die Gerichte für Experimente im Rahmen der Hauptverhandlung nicht leicht zu
haben sind. Andererseits erscheint es unerläßlich, daß ein Gutachter sich einen
persönlichen Eindruck auf Grund von selbst veranstalteten Versuchen vor der
Prozeßtagung verschafft. Der Prozeß gegen Frau Günther-Geffers ist übrigens
schon deshalb von einigem Interesse, weil der Jurist Dr. Hellwig seitens der
Staatsanwaltschaft als psychologischer Sachverständiger geladen gewesen ist. Für
die Verbesserung der Stellung der psychologischen Sachverständigen vor Gericht
bleibt noch viel zu tun. Wer sich über die Verhältnisse auf diesem Gebiete
näher unterrichten will, der greife zu dem Buche von Charlot Strasser: „Psychiatrie
und Strafrecht" (Zürich 1927, 264 S., geb. RM. 8.-), das ich im „Archiv
für die gesamte Psychologie" besprochen habe. In jenem Buche lesen wir auf
Seite 125: „Mit einer starken Dosis Eifersucht auf andere Wissenschaften und
ihre Forderungen bewacht der juristische Staatsbeamte.....sein Vorrecht, in
der Kriminalistik die Führung zu behalten."
C. Versuche mit Frau Günther-Geffers.
Der erste Versuch war negativ. Ich hatte mir zuhause den Führer für den
soeben beendeten großen Internationalen Pädagogischen Kongreß, der am 12. 4.
1928 begonnen hatte, in die linke Brusttasche meines Jacketts eingesteckt und
fragte Frau Günther-Geffers, was ich außer dem üblichen Tascheninhalt heute
bei mir habe. Die Antwort war: „Sie haben einen Gegenstand zu sich gesteckt*
der aus zwei Teilen besteht, die man voneinander trennen kann."
Der zweite Versuch war ein von Frau Günther-Geffers sogenannter chiromantischer
Versuch. Dabei legte sie ein Sofakissen auf ihre Oberschenkel und ersuchte
, die Hände mit den Handrücken nach oben daraufzulegen. Sie bleibt
wachbewußt, wenn man ihr auch eine gewisse Konzentratron ansieht. Sie sagte
nun folgendes:
4,Sie stammen ab von zwei Linien, haben also zweierlei Blut in sich. Der
Beruf ist zwei Wege gegangen, erst später der zweite, neigt besonders zum
Pädagogischen. Viel Unruhe ist vorhanden. Die Hauptnatur ist mütterlich, die
Nebennatur väterlich. Eine Ehe muß vorhanden gewesen sein, augenblicklich
aber nicht vorhanden. Die Frauen haben viel Einfluß. Empfindlich, weich, fast
weichlich. Leichte Erregbarkeit mütterlicherseits, väterlicherseits abgeschwächt.
Viele Geschwister nicht vorhanden, Mit einem eng zusammenhängend."
Dann mußte ich meine Hände mit den Innenflächen nach oben auf das
Kissen legen. Die Aussage lautete nun:
„Stark nach hinten vorgeneigter Kopf. Kopf ist kantig. Nach vorn mehr
wissenschaftliche Prägung. Hinterkopfbügel verschieden. Kolossale Neigung zu
Reizzuständen, aber starke Beherrschung. Kaum jemals krank gewesen, wird
sehr alt."
Es folgten noch einige, ziemlich wirre Angaben astrologischer Art. Zuvor
war ich nach meinem Geburtsdatum befragt worden. „Nach dem Uranuszeichen
stehen Ihnen 77 Jahre zu."
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