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Pagenstecher: Telepathie und Hellsehen.
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Zweiter Teil
Tatsache ist, daß man zu allen Zeiten
und bei allen Völkern die Meinung
gehegt hat, daß es außer dem physischen
äußerlichen Verband der Dinge
gleichsam noch einen unterirdischen,
durch das Wesen der Dinge selbst
vermittelten, gebe. Schopenhauer.
Bevor ich diese Arbeit abschließe, halte ich es für angebracht, in gedrängten
Worten auf die ungeheure Bedeutung hinzuweisen, die das unvoreingenom*
mene Studium dieses größten der „Rätselphänomene" für alle parapsychologi-
schen Forscher haben sollte.
Falls nun — wie es wohl wahrscheinlich ist — die Mehrzahl der heute noch
exklusiv auf „Telepathie" eingeschworenen Forscher, nach Studium der vorliegenden
Arbeit, die Konzession machen würden: ja freilich, bei diesen drei
Fällen kann man von „Telepathie" nicht reden — so könnte mancher glauben,
daß ich damit meine Absicht erreicht hätte. In der Tat, es soll durch diese
Arbeit bewiesen werden, daß bei der großen Mehrzahl der „psychometrischen
Halluzinationen" es sich nicht um die landläufige, bisher von allen Forschern
allein ins Auge gefaßte „Telepathie" handelt, die darin besteht, daß das Medium
aus dem Unterbewußtsein, manchmal auch aus dem Oberbewußtsein des Verhandlungsleiters
, der Anwesenden, ja auch der Abwesenden
seine Daten schöpft, unbeeinflußt durch etwaige im „Beziehungsobjekle"
(Associated object) enthaltene Energien: Meines Ermessens handelt
es sich aber im Prinzip um die im Beziehungsobjekte selbst
enthaltenen transzendentalen Energien, man nenne sie, wie
man wolle: Vibrationen, Efluvien, Magnetismus usw.
Indem ich somit einerseits der direkten „Telepathie" (fast möchte ich sie
als „animistische", von Gehirn zu Gehirn gehende Gedankenübertragung bezeichnen
) das Wasser abgrabe, eröffne ich ihr andererseits neue, ungeahnte
Gebiete. An Stelle der banalen Telepathie setze ich die transzendentale,
den Gegenständen selbst potentiell anhaftende Fähigkeit
der Gedankenübertragung, kondensiert in Tieren, Pflanzen sogar
in Steinen. Ich bin mir wohl bewußt, daß ich einen ungeheuren Schritt wage,
wenn ich einem Gegenstande, sei er tierischen oder pflanzlichen Ursprungs oder
gar unorganischer Natur die Fähigkeit zuspreche, Träger von Gedanken sein
zu können! — Zeigen aber die vorliegenden drei Experimente nicht in ganz
unmißverständlicher Weise, daß in diesen „Visionen" es nicht allein um Gedanken
sich handelt, die übertragen werden, sondern um Gedankenreihen, und
darum, daß diese Gedankenreihen aus irgendeinem Gedächtnis
-Reservoir ihren Ursprung nehmen müssen?
Aus diesem Grunde schlage ich den Ausdruck „transzendentale Telepathie"
vor zur Bezeichnung des Schöpfungsorts.
Daß Herrn Bärwald diese Konsequenz meiner Stellungnahme in Erklärung
der Psychometrie nicht entgangen ist, beweist seine Anmerkung auf Seite 2^9,
die besagt*
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