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Pagenstecher: Telepathie und Hellsehen.
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heben gegen zwei irrtümliche Auffassungen, die dringend einer Berichtigung
bedürfen :
i. Daß es bei meinem psychometrischen Medium, Frau Maria Reyes de Z.,
sich um „Visionen" handelt, also gleichsam um „Lichtbilder", die \or ihrem
geistigen Auge als Schauspiel vorübergleiten.
Nein, Erlebnisse sind es in ihrer vollen Macht, greifbare
Erlebnisse, wie sie nur Individuen, die sie erleiden, zufallen können, und niemand
besser als die Seherin selbst, ist in der Lage, uns ein Bild ihrer Gemütsverfassung
zu entwerfen, wenn eine psychometrische, fälschlicherweise
benannte „Vision" sich vor ihr abrollte:
„Sie müssen nicht vergessen, daß ich niemals den kühlen Beobachter spiele,
der ein mehr oder minder grausiges Panorama an sich vorbeigehen läßt. Ich
erlebe im vollsten Maße die Ereignisse, die mir der ,Gegenstand' vorzaubert.
Ich fühle die Schrecken des Erdbebens, ich fühle die mich umzingelnden
Flammen des flüssigen Feuers, die der Vulkan ausspeit;, ich höre die markerschütternden
Hilferufe der auf dem Opfersteine gemordeten Indianer; ich
gehe auf dem Ueberseedampfer mit unter, und fühle die
Wellen über mir zusammenschlagen; ich mache in vollem Bewußtsein alle
Schrecken durch, die mein Fall von einem berstenden Planeten in die
eisige Unendlichkeit des Weltalls mir verursacht. Ich kann Sie versichern, daß
ich bei diesen Gelegenheiten unendlich leide, denn alle meine Sinne
funktionieren aufs beste: ich höre, ich sehe, ich schmecke,
ich rieche, ich fühle Wärme und Kälte: in einem Worte,
ich durchlebe alle Ereignisse genau in derselben Weise,
als ob ich persönlich mitten zwischen ihnen stände. Daher
meine Konvulsionen, wenn das Erlebte meine Kräfte übersteigt
." (Geheimnisse der Psychometrie Seite i35.)
Solch intensives Erleben und Erleiden können wir uns nur so vorstellen,
daß das „transzendentale Subjekt" in einer unserem Verstände unbegreiflichen
Weise anscheinend an Ort und Stelle der Ereignisse
sich befindet, als passives Opfer der Begebenheiten, genau
so, wie wir zur Erklärung gewisser paraphysischer Ereignisse (Spuk) uns nur
die Vorstellung machen können, daß das „transzendentale Subjekf"
gleichfalls an Ort und Stelleder Ereignisse sich befindet,
hier aber als Erzeuger derselben. In beiden Fällen handelt
es sich vermutlich um ein „Austreten" des „transzendentalen
Subjekts" aus dem physischen Zellenleibe, um aktiv
oder passiv sich zu betätigen.
Von diesen Erwägungen ausgehend, sehen wir, wie möglicherweise unsichtbare
Verbindungsfäden sich ausspannen zwischen „Psychometrie" und „Materialisationen
", zwischen „Visionen" und „Spuk", zwischen „Telepathie"
und „T el ekin ese", und erst von diesem Gesichtspunkte aus kommen beide
griechischen Bezeichnungen gewisser metaphysischer Erscheinungen zu ihrem
vollen Rechte; in denen erstlich bei beiden übereinstimmend der
Ort der Handlung in die Ferne verlegt wird („Tele"), d. h.
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