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Zeitschrift für Parapsychologie. 4. Heft. (April 1930.)
einen unerwartet günstigen Eindruck. Körperlich sei er hochgewachsen, mager,
doch nicht schwach, mit schmalem, freundlichem Gesicht und rötlich-blondem
Haar. Er drückte sich sehr gewandt aus und zeigte gute Belesenheit. Geboren
ist er am 9. April 1899. Ueber das Zustandekommen der Stigmen
hat er selbst folgende Aufzeichnung gemacht:
Am 25. Oktober 1928 bekam ich das Buch von Bruno Grabinsky1). Ich
sah es flüchtig durch und entdeckte ziemlich in der Mitte eine anscheinend
von einer Röntgenaufnahme herrührende Hand. Darunter stand, daß sich die
Geschichte im Kloster zu Fuchsmühl zugetragen hat. Ich fragte meinen Werkmeister
, ob er von der Geschichte etwas wisse. Er sagte mir, daß ihm nichts
bekannt sei. Einige Fragen, ob so etwas wohl möglich sei, konnten nicht beantwortet
werden. Ich sagte darauf meinem Werkmeister, daß mir im Jahre 1917
am 11. Juni folgendes passiert sei: Ein Kamerad (Anton Fleischmann aus
Fichtelberg) und ich befanden uns auf Vorposten. Es war ein schöner heißer
Sommertag. Die Dämmerung dauerte nicht lange, so daß um 9 Uhr schon
Dunkelheit herrschte. Da war es mir auf einmal, als sähe ich meinen Bruder
Barll mit noch einigen Kameraden, wie sie, die Speiseträger auf dem Rücken,
den Schützengräben und Unterständen zustrebten. Es war mir, als stände er
neben uns. Ich fragte auch laut: „Bartl, wie kommst du da her?" Er winkte
mir mit der Hand. Das Bild war weg. Ich vermeinte noch das Einschlagen
einer Granate zu vernehmen und stieß einen Schrei aus. Mein Kamerad Toni
sagte: „Hans, was hast du? Träumst du?" Ich erzählte ihm meine Vision.
Er meinte: „Da kann wohl etwas passiert sein?" Am 12. Juni schrieb ich einen
Brief heim und teilte meinen Angehörigen das Geschaute mit. Am 5. Juli bekamen
meine Eltern den Brief. Ich aber bekam schon am s5. Juni ein Telegramm
, daß Bruder Bartl am 11. Juni abends 91/4 Uhr bei Oppy in der Nähe
von Arras gefallen sei. In einem Brief erfuhr ich dann auch, daß er mit
seinen fünf Kameraden durch einen Granatvolltreffer getötet wurde. Sie waren
beim Essenholen. Als ich das meinem Werkmeister erzählt hatte, sagte er,
daß es so etwas gebe. Ich redete nicht mehr über das Thema und legte Bruno
Grabinskys Geister- und Spukgeschichten auf meinen Tisch. Um 7 Uhr nahm
ich nach dem Abendessen das Buch und vertiefte mich in den Inhalt. Gelesen
habe ich nicht viel. Nur das Kapitel von der eingebrannten Hand las ich ganz:
einige andere Abschnitte überflog ich nur.
Um 8 Uhr legte ich mich aufs Bett und dachte über das Gelesene nach.
Es kamen mir Erinnerungen an schon Gelesenes über Spiritismus. Ich dachte,
wenn es möglich ist, mit Toten in Verbindung zu treten, dann bringe ich es
auch fertig. Verschiedene Einstellungen meiner Gedanken auf meinen Großvater
mütterlicherseits endigten immer mit Störungen. Auch mein gefallener
Bruder reagierte nicht auf mich. Da hörte icb 11 Uhr schlagen. Die Schläge
der Uhr zählte ich laut mit. Etwa ein paar Minuten darauf rollte ein Zug
ein. Auch das hörte ich. Da das Rädergeräusch so laut war, sagte ich für mich:
„Das gibt bald ein anderes Wetter."
l) Grabinsky, „Spuk- und Geistererscheinungen oder was sonst?" Hildesheim
Borgmeyer. 2. Aufl. 1922.
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