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Ludwig: Autosuggestive Stigmatisation

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Da war es mir uif einmal, wie wenn ich eine Ghloroformmaske aufhätte,
ich bekam keine Luft mehr. Da sah ich auf einmal einen lichtgrünen Kreis,
welcher so wie die abgebildeten Ringe des Mars aussah. Er vergrößerte sich,
ein zweiter Ring verflocht sich mit dem ersten und so ging es fort. Ich konnte
sie nicht zählen, da sie immer in Bewegung waren. Nur der Ring, den ich
zuerst sah, behielt seine Form. Da verschwand mit einem Male das Ganze. Eine
vollständig in grünbläuliche Nebel gehüllte Figur erschien. Aus meinen Kinderjahren
ist mir das Bild vom Rübezahl im Märchenbücherschatz von „Andersen"
noch gut in Erinnerung; genau so sah auch meine Erscheinung aus. Nur fehlte
der Unterteil.

Diese Gestalt löste sich in Nebel auf und kam wieder; das etliche Male.
Auf einmal kam ein Arm zum Vorschein. „Genau wie auf den Kriegsanleihe-
Werbeplakaten" dachte ich mir. Die Hand kam immer näher auf mich zu.
Meine Atembeklemmung nahm immer mehr zu. Ich wollte schreien und konnte
nicht. Da nahm die Hand die Form der im Buche Grabinskys geschauten Hand
an. Ich sah kein Fleisch mehr daran. Nur die Knöchel. Die Hand kam immer
näher. — Auf einmal sah ich, wie die Hand sich bewegte, eine Griffbewegimg
machte und mich bei meinem entblößten linken Unterarm faßte. Ich verspürte
einen Schmerz wie bei einem Krampf und sprang aus dem Bett. Es war mir
dann noch, wie wenn mir jemand gesagt hätte: „Dein Todestag ist der Sonntag,
23. Juni 1935. Da bekommst du auf dem Tanzboden einen Lungenstich und
nach 37 Minuten bist du verblutet." Ich kann ja nicht behaupten, daß ich das
vernommen habe. Ich wußte es einfach. Auf welche Weise dies in mein Gedächtnis
kam, kann ich nicht sagen. Daß ich nach dieser aufregenden Szene
nicht mehr zu Bett ging, war wohl meiner Erregung zuzuschreiben. Nach langem
Umhergehen hörte ich emmal schlagen, vermeinte deshalb, daß es 1 Uhr
sei und ich alles nur geträumt hätte und im Schlaf aus dem Bette sei. Doch
bald wurde ich von meiner Ungewißheit erlöst. Es schlug 12 Uhr. Und so
zählte ich jede Stunde. Um 5 Uhi; fing ich wie gewöhnlich meine halbstündige
Freiübung an. Darauf wusch ich mich. Ich fühlte an meinem linken Arm,
daß etwas nicht in Ordnung sei. Er war gefühllos. Als dann Licht gemacht
wurde, sah ich, daß 5 Fingerabdrücke in Form von Brandwunden sich auf
meinem linken Unterarm befanden. Es war für mich ein Moment des Staunens
. Die Aufgeregtheit hielt an. Eine eingehende Untersuchung von Obermedizinalrat
Dr. N. zeitigte das Ergebnis, daß mein Körper mit Ausnahme
des linken Unterarms auf alle Experimente reagierte. Die Untersuchung begann
mit einer eingehenden Schilderung des Vorfalls. Dann kamen die Reflex-
prüfungen der Augen, der Ohren, des Tastsinns. Ferner wurden am ganzen
Körper Proben auf die Empfindlichkeit vorgenommen. Es wurde gefragt,
ob der Stich spitz oder stumpf empfunden wurde... Der Verlauf der Heilung
ging sehr schnell vor sich. Entzündung, Schmerz und Eiterung wie bei gewöhnlichen
Brandwunden gab es nicht. Einmal beim Fußballspiel schleifte ich mit
diesem Arm auf dem Boden. Obwohl die Wunden stark verunreinigt wurden,
trat keine Blutung ein. Auch eine Reaktion in Form von Entzündung machte
sich nicht bemerkbar. Also höchst sonderbar. Das eine Gute hatte ich von

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