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Wolf: Meine Experimente mit Max Moecke.
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an den Leib, schüttelte wieder und sagte: „Pfui Teufel, das ist ja zum Kotzen,
mir wird übel!1'
Das Fläschchen enthielt Nux vomica D. 6, B r ech wur z , homöopathisch
, in millionster Verdünnung!
Ich gab dann Nr. 2.
Auch dieses Fläschchen schüttelte er, hielt es an seine Stirn, nahm
es in die andere Hand und sagte: „Ha, das tut gut (sein Gesicht entspannte
sich, bekam einen freudigen Ausdruck)... Mir wird ganz leicht ... Jetzt
werde ich schwindlig ... Was ist denn das?... Das ist doch etwas
zum S ohla f e n ..
Das Fläschchen war die allopathische Morphiumlösung, Morphium
hydrochloricum 0,2 zu 10,0. Bezeichnend war für mich der typisch
euphorische Gesichtsausdruck Moeckes.
Das dritte Fläschchen nahm er in die Hand und gab gleich eine
Menge Symptome an: „Brechen . .. Das ist ja scheußlich ... Man ist wie erschlagen
... Ich habe Ohrensausen .. . Mir ist so übel . .. Ich kann keine
Hand rühren ...!" In diesem Fläschchen war Hyoscyamus D6: D20 aa 5.0 in
millionstel bis infinitesimaler Yeidünnung.
Auch hier stimmte die Charakteristik des Mittels j 000/0.
Das 4« und 5. Mittel konnten nicht so präzis bestimmt werden, hier
war Moecke etwas unsicher, er tastete herum und deutete es für Uebermüdung.
Das eine Mittel war ein Organpräparat aus den weiblichen Eierstöcken, das
andere eine Lösung des Seeale cornutum. Immerhin bezeichnend, daß Moecke
diese typischen, auf den weiblichen Organismus wirksamen Präparate
nicht reproduzieren konnte, vielleicht weil seine weiblichen Organe sehr rudimentär
sind.
Bei dem 6., dem letzten Mittel, gab Moecke seltsame Sensationen
an. Schlaffheit, Müdigkeit, schließlich konzentrierten sich die Beschwerden auf
den Hals. „Ich ersticke ... es wird alles ganz trocken ... Ich kann nicht
mehr schlucken . .. Ich bin sehr müde ..
Es handelte sich um Lachesis D 20, die unendlich feine homöopathische
Verdünnung eines Schlangengiftes. Trockenheit, Zusammen-
geschnürtheitsgefühl ist das Hauptcharakteristikum dieses
Mittels.
Bei diesen letzten Experimenten kann es sich meines
Erachtens nicht um einfaches Gedankenlesen handeln,
sondern um äußerst sensitives, biologisches Erfühlen der
feinsten Kräfte einer Droge oder eines Arzneimittels.
Seit 100 Jahren kämpft die Homöopathie trotz 10000-facher Heilerfolge
trotz vielfacher akademischer Lehrstühle in den Vereinigten Staaten, England
und jetzt auch in Deutschland, um ihre Anerkennung,
Neuerdings haben ja auch schon Schulmediziner von Format wie Bier und
die neue Forschung der Colloidchemie bekundet, daß die Wirkung eines
Arzneimittels als Reiz therapeutisch auf die feinsten Nervenbahnen mit seiner
Verdünnung zunimmt. Hier wäre nun die Möglichkeit, an
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