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Hoffmann: Hat d. Paraps. T. d. Erforsch, d. Urchristentums e. Bedeut. 253

tiv zu begreifen sucht daß Gott nur eine Minderheit Israels zum Heile
erwählt, dann aber in Kap. n plötzlich umschwenkt und unter Hinweis auf
eine Offenbarung die baldige Bekehrung seines ganzen Volkes prophezeit,
eine Weissagung, die bekanntlich unerfüllt geblieben ist und daher auch
schwerlich auf eine objektive Offenbarung zurückgeht.

So wird auch kein Parapsychologe den uns entschwundenen Offenbarungswerl
der Johannesapokalypse wiederherstellen können. Ich habe den Eindruck
, daß das unmittelbar Visionäre hier überhaupt nur eine geringe Rolle
spielt und es sich in dieser Schrift wesentlich nur um kunstvolle Bearbeitung,
d. h. Steigerung und Ergänzung älterer Stücke aus der apokalyptischen Literatur
des Judentums handelt, worauf ja auch Eberhard Vischer u. a. hingewiesen
haben.

Auf der anderen Seite hat uns aber die Parapsychologie gelehrt, daß es
ein wirkliches Hellsehen in die Zukunft gibt, ein Vorherwissen oder Vorherschauen
auch ganz bestimmter Einzeldinge. So werden wir dem Bericht des
Lukas Glauben schenken dürfen, daß dem Apostel Paulus auf seiner letzten
Reise nach Jerusalem mehrfach die Prophezeiung seiner Gefangennahme entgegentritt
, und wenn Agabus in Cäsarea sich vor dieser Vorhersage mit dem
Gürtel des Pailus Hände und Füße zusammengebunden hat, Apostelgeschichte
21,11, so hat er mit dieser sehr auffälligen Prozedur schwerlich bloß eine
sinnbildliche Handlung vollziehen wollen, wie es der Berichterstatter gedeutet
hat. Paulus ist später auch nur an den Händen und nicht zugleich an den
Füßen gefesselt worden. Es wird hier vielmehr wohl ein Fall sog. Psycho-
metrie vorliegen1). Indem sich der Seher in Meditationsstellung begibt
(vgl. i. Könige 18,42) und ein von dem Apostel getragenes Kleidungsstück fest
anlegt, kommt er so in seelische Fühlung mit ihm und kann sogar über dessen
kommendes Schicksal eine übernormale Aussage machen, wie wenn er das in
des Paulu? eigenem Unterbewußtsein läse. Mit anderem Erfolg gelangt die blutflüssige
Frau, die ein Kleidungsstück Jesu berührt, mit dies em in seelischen
Rapport. Jesus fühlt es und spricht es auch aus, daß ihr Glaube ihm
ein Stück seiner auf die Menschen vielfach überströmenden Heilkraft ohne sein
Wissen und Willen entwendet hat. Die Sache kann sich sehr wohl so, wie sie
das Markusevangelium Kap. 5, vgl. bes. V. 3o, schildert, zugetragen haben.
Was aber das Vorherwissen von Zukünftigem anlangt, so setzt das voraus,
daß unser Schicksal oder zum mindesten Teile unseres Schicksals in einer
geistigen Sphäre, die jenseits der uns sonst zugänglichen seelischen Bezirke liegt,
bereits bekannt sind, ehe sie sich erfüllen. Und da unser Schicksal niemals
isoliert für sich betrachtet werden kann, sondern immer zugleich das Schicksal
anderer ist, so führt diese Erfahrung mit Notwendigkeit zu der Annahme
einer geistigen Ueberwelt, eines überindividuellen Zusammenhangs der Dinge,
in dem Zukünftiges zum mindesten vorher bekannt ist und wahrscheinlich
dann doch wohl auf Grund einer Vorher bestimmun g.

*) Zur Frage nach der Bedeutung der Psychometrie vgl. die instruktive
Schrift, die Dr. PaulSünner herausgegeben hat: Die psychometrische
Begabung der Frau Lotte Plaat, Leipzig, Mutze 1929.


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