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Lambert: Prof. Hyslops Experimente mit dem Medium Chenoweth.
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beurteilte und von der Persönlichkeitsspaltung keine Ahnung hatte; hier
bricht zum erstenmal wenigstens eine gewisse Erkenntnis dieses Tatbestandes
durch. Dagegen hatte „Dr. Hodgson", der frühere Untersucher Frau Pipers
und jetziger wichtiger Kontrollgeist von Frau Chenoweth schon in einer
Sitzung vom 19. November 1914 in Anwesenheit von Doris den Fall völlig
klar charakterisiert. Hodgson schrieb: Ich interessiere mich sehr dafür, wie
dieser Fall fortschreitet. Auf Hyslops Frage, ob er ihn mit irgendeinem ihm
bekannten vergleichen könne, schrieb Hodgson: Ja, ich erkannte die Aehnlich-
keit des Falles besonders mit einem, der mich zuweilen beunruhigte und dann
wieder Hoffnungen erweckte, aber der vorliegende Fall ist besser organisiert
als der frühere. Ich meine, im ersteren scheint eine bestimmte Absicht und
ein Zusammenhang des Wissens zu bestehen, was der frühere Fall nur krampfhaft
zeigte (S. 113). Hyslop fragt nun: Können Sie diesen Fall nennen?
Nach einigen anderen Bemerkungen sagt dann „Hodgson": Ich werde auf
meiner Seite alles tun, was ich kann, um in diesem Fall zu helfen, da er so
wichtig ist wie irgendeiner, den M. P. je hatte. (Hyslop: Was bedeutet M. P.?)
Morton Prince; der Fall Beauchamp und ich versuche aus dem jetzigen Fall
einen klareren Ausweg zu finden als ich in jenem fand.
Dies ist außerordentlich! Zwar hatte Frau Chenoweth Morton Princes
Werk ,.The Dissociation of a Personality" gelesen, auch hatte sie kurz zuvor
in einer anderen Sitzungsserie auf Hodgsons Beziehungen zu dem Fall hin--
gewiesen (Am. Pr. 19 S. 448), die in Morton Princes1) Buch nur in einer
Anmerkung erwähnt werden; aber wie konnte sie normalerweise erfahren, daß
die jetzt vollständig geheilte Doris, die sie nie gesehen hatte und die nur einmal
während der Sitzungen mit 4 Worten in deren Verlauf eingriff, dieselbe
ungeheuer seltene Krankheit hatte wie Morton Princes Patientin Miß Beauchamp
; und wie erstaunlich ist dazu noch die Bemerkung, daß der Fall hier
an Bedeutung den berühmten Fall von Morton Prince erreiche. Beide Behauptungen
sind höchst unwahrscheinlich und doch treffen sie eben bei Doris zu;
auch lag es, als Hyslop fragte, welchen „Fall" Hodgson meine (NB.: das Wort
„Fall" hatte „Hodgson" zuerst gebraucht), keineswegs nahe, den Fall Beauchamp
za erwähnen, da Hodgson in sehr vielen die Parapsychologie betreffenden
Fällen (z. B. bei Frau Piper) hervorgetreten war, dagegen im medizinischen
Fall Beauchamp nur eine untergeordnete in der Oeffentlichkeit kaum beachtete
Bolle gespielt hatte. Es spricht für die Bichtigkeit der spiritistischen Hypothese,
daß Doris* Mutter, die über keinerlei psychologische Kenntnisse verfügte, die
Krankheit ihres Kindes nie richtig benennen konnte, während der geschulte
Psychologe Hodgson aus den ihm möglicherweise von Frau Fischer in der
Geisterwelt mitgeteilten zahlreichen Indizien die Art des Falles klar erkannte.
Die Mitteilungen von Doris Mutter gehören zum überzeugendsten, was es
auf diesem Gebiete gibt; Dr. Prince hat durch eine größere Rundfrage festzustellen
versucht, welche Wahrscheinlichkeit dafür besteht, daß Frau Cheno-
weths Angaben rein zufällig das richtige trafen. Er kam zu der phantastisch
1) Kein Verwandter von Doris Retter und Adoptivvater Dr. W. F. Prince.
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