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Zeitschrift für Parapsychologie. 5. Heft. (Mai 1930.)

und auf die eigentlichen Hellsehexperimente entfielen nur 8 bzw. jo Minuten.
Der Abend war somit ohne inneren Grund ungebührlich in die Länge gezogen.
Ganz allgemein sollten derartige Vorträge unter Ausschaltung alles Entbehrlichen
und das wirkliche Arbeitsgebiet vernebelnden Beiwerkes nicht über eine
akademische Doppelstunde die Aufmerksamkeit der Hörer in Anspruch nehmen.
Beide Vorträge waren gut besucht; der erste brachte sogar ein ausverkauftes
Haus. In den vorderen Reihen sah man u.a. den Skeptiker Hellwig-Potsdam
und den Universitätsprofessor Dessoir, der durch seine kritische Einstellung
gegenüber okkulten Phänomenen gleichfalls weit über seinen Berliner Wirkungskreis
hinaus bekannt ist. Besonders zahlreich waren Mediziner vertreten.
Es überwog, wie immer bei derartigen Vorträgen, das weibliche Element unter
der Besucherschar.

Ehe ich auf Einzelheiten eingehe, möchte ich den Gesamteindruck summarisch
schildern, den „Freund und Feind" wohl mit nach Hause genommen
haben. Die unvoreingenommenen Zuhörer verließen den Saal mit der absoluten
Ueberzeugung, daß es okkulte Phänomene gibt, wie sie Hanussen im letzten
Teile des Abends vorführen konnte. Die kritischen bzw. dem Okkultismus
ablehnend gegenüberstehenden Besucher hatten eine ganze Menge Ausstellungen
zu machen. Sie konnten zwar gleicherweise sich dem überwältigenden
Eindruck der Clairvoyance-Experimente nicht entziehen, konnten auch
nicht den Beweis dafür erbringen, daß Täuschungsmöglichkeiten in. irgendeiner
Weise gegeben waren, aber sie verurteilten doch (und von ihrem Standpunkte
wohl auch mit Recht) die starke Vermischung rein psychologischer Experimente
mit Variete-Nummern zu Beginn des Abends. Man bemängelte auch den
Hinweis auf Sprechstunden, insbesondere den mündlichen Hinweis darauf durch
Hanussen selbst im Rahmen eines Vortrages, den er selbst in seinem Programm
mit dem Prädikat „wissenschaftlich" versehen hat. Die Zuhörer bespötteltem
schon während der Vorführung die in Wahrheit beinahe alberne Nummer
„Graphologie und Liebe". Hanussen schrieb das Wort „Liebe" zunächst so,
wie es ein Lehrer schreibt, (!!) ohne zu bedenken, daß von den i5oooo deutschen
Lehrern und Lehrerinnen nicht zwei das Wort „Liebe" in gleicher Weise
schreiben würden. Er führte dann vor, wie ein Arzt das Wort schreiben müsse,
dann ein Kaufmann usw. Gelegentlich des ersten Vortrages wurde auch der
Ion bemängelt, den Hanussen (vielleicht aus begreiflicher Nervosität heraus))
mitunter anschlug, wenn im Saale Kritik oder Widerspruch laut wurden.
Im einzelnen ist aus dem ersten Abend folgendes bemerkenswert:
i. Die fälschlicherweise als Telepathie bezeichneten Experimente des Muskellesens
waren recht schwach. Sie sind vom Publikum in seiner überwiegenden
Mehrzahl wohl in der Reichshauptstadt stets eleganter und exakter gesehen worden
(vgl. auch den Artikel von Dr. Reißmann im „Tag", vom i5. März ia3o:
„Hanussen — ein echtes Medium"). Völlig mißlang das mit großen
Worten angekündigte Experiment: „Das verratene Dienstgeheimnis". Hier
sollte ein Name aus dem Telephonbuche, die Telephonnummer und die Telephonbuchseite
aus der Seele der „Telephonistin" herausgeholt werden. In
Wahrheit ließ Hanussen das „Medium" (eine etwa i4—15jährige Schülerin aus


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