http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1930/0349
Seeling: Erik Jan Hanussen
319
dem Publikum) seine rechte Hand fest umgreifen und gab dann den Befehl,
ganz fest und scharf zu denken, a) an die Seite des Telephonbuches, b) an den
Namen und c) an die Telephonnummer. Hanussen hantierte reichlich lange
auf einem Blatt Papier mit dem Bleistift herum und ermittelte die
richtige Seite, nämlich 173. Als Namen nannte er 5—6, die aber sämtlich
nicht zutreffend waren. Er sagte z. B. Hullmann oder Bullmann, Bullwann
usw. usw. Der Name hieß: Georg Buky. Als Telephonnummern
hatte er zwei aufgeschrieben mit der Behauptung, daß. es zwei bestimmt seien.
Eine wai es aber nur, nämlich 1780. Hanussen hatte 178 genannt und aufgeschrieben
. Hanussen hätte sich mehr gedient, wenn er dies tatsächlich mißglückte
(telepathische) Experiment wohl als zu 3/4 mißglückt selbst bezeichnet
hätte. Ich will hier einschalten, daß das parallele Experiment am i5. März als
beinahe glatt gelungen bezeichnet werden kann. Es haperte nur bei dem Namen.
Hanussen sagte, daß die Versuchsperson sich wohl zwei Namen gemerkt habe.
Exaktwarenermittelt worden: Telephonnummer und Seite.
Im graphologischen Teile konnte Hanussen einigermaßen verwöhnten Ansprüchen
nicht genügen. Die von ihm als identisch ausgegebenen Unterschriften
berühmter Persönlichkeiten waren kaum „schwach" ähnlich. Der Namenszug
Wilhelms II., wie der Mussolinis wich ziemlich grob von dem echten
Namenszuge ab. Auch der theoretische Teil zur Graphologie konnte die Kenner
im Publikum absolut nicht befriedigen. Die von Hanussen propagierte intuitive
Schriftdeutung mit anschließender Schilderung des Charakters wie des
Lebensschicksales des Schreibers kann ja aus begreiflichen Gründen niemals
allgemeine Technik der Graphologie werden und wird auch künftig die schul-
mäßigd Graphologie, die mit mathematischen Verhältnissen und mit der Lupe
arbeitet, nicht verdrängen! Ich befand mich unter etwa 5o—60 Personen auf
der Bühne, als die graphologischen Experimente vorgeführt wurden. Es gelang
mir nicht, Hanussen zu einer Deutung einer Schriftprobe zu bewegen.
Zweimal machte ich den Versuch. *Hanussen wich mir das erstemal ganz aus,
das zweite Mal nahm er einen der beiden hingereichten Briefe, ging zur Rampe
der Bühne, las den Text der ersten Seite, kehrte dann zurück und gab mir den
Brief (wohl als ungeeignet) zurück. Auch meine Uhr, die ich seit 1890 besitze
und die den Krieg miterlebt hat, also wahrhaftig „beeindruckt** war, übrigens
der Forderung Hanussens genügte, wenigstens 5 Jahre vom Besitzer getragen
zu sein, wurde abgelehnt. Nach Schluß des zweiten Vortrages ließ ich mich
durch Dr. Kröner Herrn Hanussen vorstellen. Das geschah, weil ich ihm mein
Bedauern darüber ausdrücken'wollte, daß ich am ersten Vortragsabende übergangen
worden war. Es wäre nun wissenschaftlich interessant, zu
erfahren, nach welchen Grundsätzen Hanussen die von
ihm öffentlich bearbeiteten Objekte auswählt. Es wäre ebenso
wichtig, die Beantwortung der Frage, ob Hanussen nicht in der Lage ist, auf
Grund seiner hellseherischen Fähigkeiten zu erkennen, wer ihm ein Objekt
anbietet.
Innerhalb der graphologischen Experimente sollte auch an der Hand einer
Photographie, die sich in verschlossenem Umschlage befand, eine Deutung bzw.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1930/0349