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Seeling: Erik Jan Hanussen.
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vorzuführen. Im Interesse der Wissenschaft sollte sich Herr Hanussen mit
seinen großen Fähigkeiten zu Spezialversuchen im engem Kreise, insbesondere
zu Serienversuchen, zur Verfügung stellen. Vielleicht gelingt es Hanussen
auch, die bekannte Aufgabe mit den drei Würfeln unter nicht aufgehobenem
Würfelbecher zu lösen.
Meinem schriftlieh ausgesprochenen Vorschlag eines persönlichen Zusammentreffens
hat er nicht entsprochen, wahrscheinlich war seine Zeit allzu
stark mit gewinnbringenden Sprechstunden ausgefüllt.
Wir wollen nun einmal noch etwas näher in die Tagespresse schauen,
um zu sehen, wie Hanussen hier abgeschnitten hat. Die Pressestijm-
men sind keineswegs als günstig zu bezeichnen. Der Raum
verbietet es mir leider, in der wünschenswerten Breite zu zitieren und Bemerkungen
zu machen. Deshalb müssen sich die verehrten Leser mit einigen
Stichproben begnügen. Die „Berliner Montagspost", Nummer vom
17. März 1930, wählte als Ueberschrift: Problem Hanussen. Nervenschlacht
im Beethovensaal. — Wie macht man das Publikum
„benommen". — In diesem Bericht lesen wir u.a.: „Und als
ein blonder Herr aus einem in ein Kuvert gesteckten Photo von Hanussen Hellsicht
verlangte, wurde es ganz interessant. H. witterte etwas. Er sagte: „Der
Herr, den Sie meinen, ist etwa von Ihrer Statur, etwas größer, blond. Ilaare
nach hinten gekämmt." — Dann war alles falsch. Endlich öffnet H. das
Kuvert, und es ist eben das Photo des ihm gegenüberstehenden Herrn. „Ja,
ich selbst", verneigt sich der Herr. Wieder heißt es: „Sie sind der Hellseber
F." „Keine Spur", meint der andere. Jetzt erhebt sich Pfeifen. Was hat da
der liebe H. die Frechheit zu sagen? „Mein Herr, verlassen Sie rasch das
Podium! Sie hören doch, wie das Publikum Sie auspfeift!" Das ist die Höhe.
Dabei galten die Pfiffe Herrn H." Soweit die Montagspost!
„Der Abend" spottet über die Vornamen Hanussens, die dazu angetan
seien, dem Publikum zu suggeriere», als wäre H. ein Magus aus dem Norden«
„Der Abend" bemerkt richtig zu den eigentlichen Hellsehexperimenten: „Eine
irgendwie genügende Kontrolle ist dabei nicht möglich." (Nummer vom
12. März io3o.)
Im „Berliner Herold", Nummer vom 23. März, laufende Nummer
12 des 26. Jahrgangs, ist als Ueberschrift zu lesen: „Schwindler Hanussen
hat Erfolg". In diesem Artikel steht u.a.: „Unvergessen ist die
Affäre, die er in Wien hatte. Während dort Breitbart auftrat, behauptete
Hanussen, daß er eine Artistin lediglich durch Hypnose zu denselben Wunderleistungen
der Kraft bringen könne, wie sie Breitbart vollführte. Es zeigte sich
dann aber, daß das Medium Hanussens mit präpariertem Material, angefeilten
Ketten usw. arbeitete."
Die „Vossische Zeitung", Nummer 61 vom i3. März £o3o, brachte
den Bericht über Hanussen unter der Marke: „Moderne Magier?" Es
hieß in diesem Bericht: „Hanussen gab mehrere, aber niemals ganz einwandfreie
Beispiele für das Erratenkönnen von Namen, Orten, Charakteren, Schriften
und Gestalten, Schicksalen und Geschehnissen, aber immer in einer Pose,
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