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Zeitschrift für Parapsychologie. 5. Heft. (Mai 1930.)
zig 1930", zugesandt wurde. Bei der Lektüre der Krönerschen Berichte fragte
man sich immer wieder, wie sich denn Bradley zu einer solchen Komödie, als
welche Dr. Kröner die Berliner Sitzungen darstellt, hätte hergeben können.
Bradleys Broschüre bringt die Lösung:
Auf Grund seiner langjährigen Erfahrung mit Valiantine als Mensch und
Versuchsperson ist Bradley imstande, überzeugend für dessen Vertrauenswürdigkeit
einzutreten. Es sind weniger Bradleys einzelne Gegenargumente,
die überzeugend wirken, als seine Gesamteinstellung. Ein Mann, der so
schreibt, ist kein Betrüger: er ist auch nicht der Dummkopf, der sich jahrelang
von einem Betrüger hinters Licht führen läßt.
Die Hinweise darauf, daß die Beobachtungen Dr. Kröners und seiner Gewährsleute
doch nicht so über jedem Zweifel erhaben sind, daß sich da und
dort Widersprüche im Bericht der Augenzeugen finden, mag man in Bradleys
Broschüre selbst nachlesen. Die Beweiskraft derartiger nachträglicher Ausdeutungen
ist in positivem wie in negativem Sinne sehr relativ. Das kommt
auch besonders zum Ausdruck in dem angehängten Aufsatz des Herrn v. Beuter,
der Dr. Kröners Verdachtgründe zu entkräften sucht.
Da, wie erwähnt, Bradley hauptsächlich auf jene Resultate abzielt, die auf
„normale" Weise nicht zu erreichen wären, sind in diesem Zusammenhang
einige Berichte in Bradleys Broschüre über das gelegentlich auftretende Lichtphänomen
von Richtigkeit. Das ist ein Punkt, der auch bei andern \er-
suchssitzungen parapsychologischer Richtung; den Ausschlag gibt: „Apporte" und
„Berührungen" könnten vielleicht (bei Nichtberücksichtigung aller psychologischen
Vorbedingungen) als Taschenspieler- oder Akrobatenstücke „erklärt"
werden. Wenn aber dabei gleichzeitig von mehreren Personen beobachtete
Lichterscheinungen auftreten, ist ein Hinweis auf die parapsychologische Natur
der Phänomene gegeben, der nicht ohne weiteres ignoriert werden darf.
Die übrigen Resultate, z. B. der Inhalt der Mitteilungen, sind, wie es
unter den obwaltenden Umständen nicht anders zu erwarten war, wie auch
Bradley offen zugibt, völlig belanglos. In dieser Richtung erwiesen sich die
Sitzungen als beinahe negativ. Mit Recht kann man fragen: Wenn Valiantine
schon betrügen wollte, warum hat er sich nicht über den verstorbenen Gatten
Frau v. D/s erkundigt, um dann seine Weisheit zum besten zu geben. (Von
clen Negativisten wird das ja immer aJs besonders leicht bezeichnet.) Das
hätte zweifellos mehr Eindruck gemacht als die paar dürftigen leise heraus-
gestofSenen belanglosen Worte. — Doch diese Ueberlegungen Für oder Gegen
beweisen nichts. Weder Dr. Kröners kritische Auslassungen, noch H. D. Bradleys
temperamentvoll vorgebrachten Gegenargumente, noch die behutsame
Abwehr Fl. von Reuters werden den überzeugen, der sich nicht überzeugen!
lassen will.
Das Resultat;
Zwei verschiedene Auffassungen — zwei grundverschiedene Temperamente
— der kühle, auf wissenschaftliche Kritik eingestellte Theoretiker —
der lebendige, völlig vom Offenbarungsspiritismus durchdrungene lang jäh-
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