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Zeitschrift für Parapsychologie. 5. Heft. (Mai 1930.)
suchende Frage war deshalb, ob der Automaitist, Mr. V. (S. G. Soal) eine ver*^
trauenswürdige Persönlichkeit ist. Ich war daiher gezwungen, festzustellen,
welchen Ruf Mr. Soal unter denjenigen hat, die ihn ziemlich gut kennen, wie z. B.
ich selbst und andere Mitglieder der SPR. Den Tatsachen entsprechend stellte ich
fest, daß sein Ruf hinsichtlich seiner Vertrauenswürdigkeit sehr gut ist. Da jeder
Beweis für das Gegenteil fehlt, war ich sicher berechtigt, die Meinung auszusprechen
, daß die Schriften kein bewußter Betrug seitens Herrn Soals sind.
Welche Rechtfertigung hätte ich haben können, eine gegenteilige Meinung zu
äußern?
Ich gründete jedoch keinerlei Anspruch auf Uebernormalität seiner Schriften
auf Mr. Soals guten Ruf. Für die Analogie, die Mr. Soal zwischen seinen Schriften
und Frau Leonards Buchtesten zieht, ist er allein verantwortlich. Mein
eigenes Urteil bleibt in der Schwebe."
Zu diesen Ausführungen Mr. Salters möchte ich zunächst bemerken, daß
ich nicht ganz verstehe, wie Mr. Salter bestreiten kann, daß er sich auf Grund
von Mr. Soals gutem Ruf für die Wahrscheinlichkeit einer übernormalen Entstehung
der Soalschen Veley-Schriften ausgesprochen hat; denn auch heute hält
Mr. Salter dieses Rufes wegen einen bewußten Betrug für so gut wie ausgeschlossen
. Da jedoch nach Soals überzeugenden Darlegungen (Proceedings,
Bd. 38, S. 357) ein unbewußter Betrug, etwa infolge von Kjryptomnesie, noch
weniger in Frage kommt, kann sich das am Schluß seiner heutigen Darlegungen
betonte Schwanken Mr. Salters nur auf die Entscheidung zwischen verschiedenen
übernormalen Erklärungen des Falls beziehen.
Obgleich ich Mr. Salters Ansicht teile, daß die Vertrauenswürdigkeit und
Kompetenz der Beobachter in allen experimentellen Fällen und die Vertrauenswürdigkeit
der Perzipienten in allen nichtkontrollierbaren Fällen, wie z. B. den
Gespenstern Lebender, eine Grundbedingung ist, bin ich doch der Meinung, daß,
wenn das berichtete Phänomen, sei es nun kontrollierbar, oder unkontrollierbar
, ein in seiner Art besonders seltenes ist, die nie absolut festzustellende,
vermutliche Vertrauenswürdigkeit einer einzigen Person (ja sogar mehrerer Personen
) allein nicht genügt, um die Echtheit des Falls wahrscheinlich zu machen;
wogegen so viele Berichte über Gespenster Lebender vorliegen, die man nur
verwerfen könnte, wenn man jeweils die Unzuverlässigkeit mehrerer unbescholtener
Personen voraussetzen wollte, daß hier sogar schlechter beglaubigten
Fällen eine gewisse Beachtung geschenkt werden darf; natürlich nur dann, wenn
sie von einer gut beleumundeten Person bezeugt sind.
In seinem auch von Mr. Salter unterzeichneten Rundschreiben vom 14. Februar
1930 an die Mitglieder der SPR. scheint Herr Lawrence J. Jones, der Präsident
der SPR., meinem Standpunkt entsprechend die bekannten Millesimophä-
nomene abzulehnen, weil sie ohne Kontrolle erfolgten und sich in den Berichten
über „Experimente, die unter guten Kontrollbedingungen erfolgten, keine Parallele
" zu ihnen findet. Die Unbescholtenheit des Mediums, das von altem Adel
und ein Mitglied der gesetzgebenden Körperschaft ist, genügt also hier der Leitung
der SPR. mit Recht nicht, die in ihrer Art so vereinzelten Millesimo-Phäno-
mene als wahrscheinlich echt anzusehen. Soals Veley-Schriften sind aber noch
weniger kontrolliert und in ihrer Art nicht viel weniger vereinzelt als die
Millesimo-Phänomene; Herr Soal vermag abgesehen von den Buchtesten Frau
Leonards und Frau Coopers, die beträchtlich anderer Natur sind, seinen Fall nur
mit dem Fall „Hacking" in Parallele zu setzen (Proceedings, Bd. 38, S. 358),
der seinerseits von maßgebenden Mitgliedern der SPR. als höchst problematisch
angesehen wird. Ich sehe also immer noch nicht, wie vorsichtige Gelehrte den
Soal-Veley-Fall prinzipiell anders werten könnten als den Millesimo-Fall; beide
mögen echt sein, doch dürfen wir sie als solche nicht ansprechen, solange sie
in ihrer Isoliertheit und Unkontrolliertheit verharren. Beide sind so unsicher, daß
ihre Veröffentlichung die peinlichsten Betrugserörterungen heraufbeschwören
mußte.
Die Veröffentlichung eines Berichts, der in seiner Vereinzelung höchstens für
die nächsten Bekannten des unkontrollierten Mediums eine gewisse Beweiskraft
haben .konnte, für alle kritisch eingestellten Fernerstehenden aber wertlos sein
mußte, ist besonders tragisch, wenn sie durch die angesehene SPR. erfolgt, weil
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