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Zeitschrift für Parapsychologie. 6. Heft. (Juni 1930.)
des Okkultisten grundsätzlich die Möglichkeit derartiger Erscheinungen wird zugeben
müssen. Auffallend ist ja an den Aufzeichnungen, daß vielfach Personen
genannt werden, die die Prinzessin ni<cht kannte oder von denen sie noch
gar nicht wußte, daß sie schon gestorben waren. Auch der Umstand, daß die
Prinzessin die Angaben einzelner Erscheinungen bezüglich deren Person bzw.
deren Todes durch spätere Nachforschungen bestätigt fand, spricht nicht gerade
für Sinnestäuschungen, wie überhaupt die Tatsache, daß die Prinzessin die
meisten Erscheinungen bei Tage sah, eher gegen als für die Halluzinations-
hypothese zeugt. Dazu kommen die angeblichen Unterredungen mit den Verstorbenen
über den Grund ihres Erscheinens, die Beschreibung ihres Aeußeren usw.,
alles Momente, die schlecht in das Gesamtbild einer Gesichts- und Gehörstäuschung
passen, zumal es sich hier um einen Zeitraum von mehreren Jahren
handelt. Schließlich darf nicht unberücksichtigt bleiben, daß auch andere
Personen, zum Teil wenigstens, etwas von diesen Vorgängen wahrgenommen
haben. Nachdenklich stimmt auch der Brandfleck, den die Prinzessin von
der Berührung mit einer solchen Erscheinung erhalten haben will.
Vom weltanschaulichen Standpunkt ist es gleichfalls nicht leicht, diese
Fragen zu behandeln. Der Geistliche, auf dessen Veranlassung die Prinzessin
das Tagebuch verfaßt, hat sich in seinem Vorwort mit Entschiedenheit dahin
ausgesprochen, daß erstens an der Glaubwürdigkeit der Berichterstatterin
nicht der aller mindeste Zweifel erlaubt und daß zweitens die
berichteten Erscheinungen auch mit dem katholischen theologischen Standpunkt
durchaus vereinbar seien. Jedenfalls bleiben, und damit ziehen wir das Fazit,
die in dem Tagebuch der süddeutschen Prinzessin geschilderten Erlebnisse nach
wie vor ein Problem, das man zweifellos verschieden beurteilen kann. —
Stigmatisationen, beobachtet an dem Medium Heinrich Meker
aus Dresden.
Mitgeteilt und beobachtet von Leopold Günther-Schwerin,
Wiesbaden.
In einer Sitzung mit dem Medium Heinrich Melzer aus Dresden,
welche in. Juni 19^9 in Wiesbaden, in der Wbhnung der Frau Sch.. . stattfand
, ereignete sich ein Fall von Stigmatisation (ßrandmarkung), der unter
anderem auch dadurch unsere Aufmerksamkeit erregte, als er geeignet ist,
ein Schlaglicht auf die Vorgänge in Konnersreuth zu werfen. Schwanken doch
alle ernst zu nehmenden Erklärungsversuche jener Erscheinungen zwischen dem
sogenannten ,/Wunder" und der Suggestion (Einflüsterung). Trotzdem das
Wesen der letzteren gewiß viel Wunderbares birgt, so ist es doch zweifellos
einer nicht zu verkennenden Gesetzmäßigkeit unterworfen, während das „Wunder
" gerade im Gegenteil als nur — einmal — geschehend und gegen alle
Naturgesetze verstoßend, gedacht wird. Die etwa 200 Stigmatisierten, die die
Geschichte kennt und die man zum Teil eingehend beobachtete, lassern sich
am zwanglosesten durch die Einwirkung einer Suggestion erklären.
Die Lage in jener Sitzung war nun die folgende:
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