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Zeitschrift für Parapsychologie. 6. Heft. (Juni 1930.)
Um aber die Erklärung jener Stigmata durch Fremd- oder Selbstsuggestion
zu stützen, müssen wir uns fragen, ob überhaupt derartige Veränderungen
an einem menschlichen Körper schon beobachtet wurden, ohne daß
eine Verletzung desselben vorausging, die mechanischer Natur war?
Es ist geschehen durch den Versuch französischer Aerzte, den sie mit
einem für Suggestion empfänglichen Manne anstellten:
Sic suggerierten ihm. daß sie ihm ein, vor seinen Vaigen heiß gemachtes
5-Sous-Stück zwischen die Schulterblätter auf die nackte Haut legen würden,
vertauschten es aber lünter seinem Rücken mit einem kalten. Vis sie ihm dieses
nun auflegten, empfand der Mann starken Schmerz und es bildete sich sofort
eine Brandblase in der Größe des betreffenden Geldstückes.
In diesem Falle handelte es sich also um eine von jenem Arzte {ausgehende
Suggestion — also um eine Fremdsuggestion. Von derselben wurde die
Seele der Versuchsperson getroffen und nahm die Einflüsterung an, die
Seele, welche die Erbauerin und Erhalterin ihres Körperwerkzeuges ist. Sie
erzeugte sofort, als Vbwehr gegen das vermeintlich heiße Geldstück, jene
Brandblase.
In diesem, später an anderen Orten und von anderen Aerzten mit dem
gleichen Erfolg nachgeprüften Fall, haben wir — nebenbei gesagt — den unbestreitbaren
Beweis zu erblicken, daß eine, vom Körper unabhängige Seele,
die also nicht — nur ,,Gehirnfunktion" ist, zu welcher sie die rationalistische
Wissenschaft herabwürdigen möchte — unseren Körper weise beherrscht. Damit
wäre dann der mechanistischen Wissenschaft der Todesstoß versetzt, denn wenn
alles nur — mechanistisch — vor sich ginge, dann würde sich unter der kalten
Münze jene Brandblase nicht haben erzeugen können!
Da uns aus den Erfahrungen, welche man mit der Suggestion schon seit
langer Zeil machte, diese und ahnliche Versuche bskaunt sind, so dürfte es
auch nicht mehr &> schwer fallen, die Stigmatisationen unserem Verständnis
näher zu führen. Auch sie entstehen durch Suggestion, und zwar durch
Fremd- wie auch Autosuggestion.
Vom spiritistischen Standpunkt aus betrachtet kann bei der Fremdsug-
gestion sowohl ein Mensch, wie ein Geistwesen (entkörperter — verstorbener —
^fensch) die Lrsache sein, der auf die passiv duldend eingestellte Seele ein<N
geeigneten Menschen einwirkt, ind-un er ihr seine Einflüsterungen sozusagen
aufdrängt.
Die Stigmatisationen der Therese Neu mann in Konnersr<Mtlh kann
ich mir nur auf diese Weise erklären, in&ofern nämlich, als es verlautete,
daß sie sich anfangs den Besitz der Wundmale und das mit diesen \eibundene
Leiden, nicht horbeigewünscht habe, sondern im Gegenteil dieselben gerne
verlieren und gesunden wollte. Ist dies aber die Wahrheit, dann wäre die
Erklärung jener Erscheinungen an ihrem Körper nicht durch Vutosuggestion
zu erklären, sondern nur duroh Ifremdsuggestion.
Therese ist nun scheinbar solch geeignete Natur und meiner Meinung
nach sind es bigotte, noch an ihrer katholischen Konfession festhaltende Geistwesen
, die den Unglauben und den Materialismus unserer Zeit bekämpfen wol-
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