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Zeitschrift für Parapsychologie. 6. Heft. (Juni 1930.)
Koller bekommt, wenn wir anmaßlich — von so etwas wie Wissenschaftlichkeit
sprechen, ist zunächst einmal kein beliebiger Soundso, sondern ein Eduard
Engel, der Verfasser einer sehr anregend geschriebenen Geschichte des deutschen
Schrifttums, sowie der englischen und französischen Dichtung, einer gehaltvollen
Stilkunde und verschiedener Verdeutschungsbücber, um gerade nur
einiges zu erwähnen.
Dabei ist der Mann — schlimm genug für uns — keineswegs etwa ein weitabgewandter
Stubengelehrter, sondern ein weltkluger Pfiffikus mit Erfindergeist
und ausgeprägtem Wirklichkeitssinn. Er darf sich beispielsweise rühmen,
der Erfinder der Bahnsteigkarte und der Wegbereiter der Sommerzeit zu sein,
während des Burentaumels, der uns alle erfaßt hatte, einen kühlen Kopf bewahrt
und die unheilvollen Folgen der Verärgerung Englands vorausgeahnt
zu haben.
Man muß es ihm schließlich auch lassen, daiß er ein Mann von selbständigem
Urteil ist, der es ruhig wagt, Modegötzen zu trotzen und der den Abenteurer
Maximilian Harden bereits in seiner ganzen Erbärmlichkeit durchschaute
, als viele ihm noch den Prinzen aus dem Genielande glaubten, und
Eduard Engel leistet es sich auch getrost, vor den Altären anderer Geistesgrößen,
wie z. B. Gerhart Hauptmann, Stefan George, Friedrich Gundolf, nicht
zu opfern.
Das Urteil eines solchen Denkers darf nicht achtlos auf die Seite geschoben
werden, mag es uns auch noch so mißtönig in die Ohren klingen; es ist nach
meinem Ermessen ein beachtenswertes Zeitdokument, ein gutgoeigneter
Gradmesser der öffentlichen Meinung und des noch vorherrschenden starken
Vorurteils, das 1980 in maßgebenden Kreisen noch solche Blüten zu treiben
vermag.
Reißen wir uns darum aus der Täuschung, in der wir so häufig befangen
sind und blicken wir lieber der Wahrheit ungescheut ins Auge); sie kann uns
nur gesuno sein, wenn sie auch unseren Wunschbildern und Sehnsüchten nicht
schmeichelt, sondern weit eher geeignet ist, auf unsere Stimmung zu drücken,
wie es dem Schreiber dieser Zeilen erging.
Also im Jahre 1980 halten wir noch auf der Stufe der allgemeinen
Erkenntnis, daß ein wertvoller und umsichtiger Mensch über den Okkultismus
die* wegwerfendsten Urteile fällen kann.
Im Jahre 1980 geht es noch an, daß ein Mann mit einem denkbarst
bescheidenen Rüstzeug an Sachkenntnis über unsere Forschung aburteilt. Eduard
Engel weiß nichts davon, daß unser führendes Organ die „Zeitschrift für Parapsychologie
" ist: er scheint vielmehr zu glauben, daß dies die „Zeitschrift
für kritischen Okkultismus'* sei, in welchen Irrtum ihn der Titel der inzwischen
entschlafenen Zeitschrift verstrickt haben dürfte. Wenn man sich vor Augen
hält, daß wir Okkultisten uns gerade mit dieser Zeitschrift am ärgsten herumstreiten
mußten, so entbehrt es nicht eines köstlichen Beigeschmacks, gerade
jenes Presseerzeugnis als Eideshelfer für unsere Sache genannt zu sehen. Wir
müssen es uns wegen des Raummangels leider versagen, auf die vielen Irrtümer
und Mißverständnisse des Okkultistentöters hier näher einzugehen.
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