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Sünner: Bericht über den 4. Internationalen Kongreß in Athen.
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Reihe von der griechischen Gesellschaft zur Verfügung gestellter Automobile
vollzog und die durch die typische griechische Landschaft an der Meeresküste
entlang führte, beendete wiederum einen eindrucksvollen Tag.
Am Donnerstag, den 24. April, fand morgens um 9 Uhr, die Fortsetzung
im „Salle du Parnasse" statt. Ein von Dr. Pagenstecher, Mexiko, eingesandter
Vortrag wurde ausnahmsweise durch Prof. Driesch verlesen. Er war
betitelt „Das verkehrte Bild in der Telepathie". Pagenstechers Forschungen in
der Telepathie, Hellsehen und Psychometrie sind unseren Lesern bekannt, und
seine neugewonnenen Schlußfolgerungen werden gewiß späterhin gleichfalls
interessieren.
Daun sprach Prof. Oestereich über „Das Verhältnis des israelitischen
Prophetismus zu dem Problem der Bewußtseinsspaltung", wiederum ein Ausschnitt
aus einer größeren Arbeit, deren Veröffentlichung man mit großem Interesse
entgegensehen wird.
Prof. Walter, Graz, besprach eine neue Forschungs-Methode der Para-
psychologie und setzte sich nachdrücklich für allgemeine Wertung auch der
Spontan-Erscheinungen ein und fand ablehnende Worte für den Gifthauch des
Zweifels, der sich in neuerer Zeit bisweilen über unser Forschungsgebiet auszubreiten
drohe. »
In der Diskussion vertrat Prof. Oestereich die These der alleinigen
Wertung des Laboratorium-Experiments, selbst auf die Gefahr hin, daß unsere
Forschung dabei sehr langsam voranschreite und einstweilen noch ein embryonales
Gebilde bleiben müsse.
Dr. Sünner trat diesem Pessimismus lebhaft entgegen. Er stellte sich auf
die Seite von Prof. Walter, verwies auf den Mangel so glänzender Laboratorien
wie diejenigen Schrenck-Notzings und Karl Kralls, sowie auf das Fehlen so
geeigneter Medien wie Willi und Rudi Schneider, die sich bereitwillig mühsamen
Laboratoriums-Bedingungen unterwarfen. Darum sei es kaum angängig,
den strengen Maßstab der Laboratoriums-Forschungen, wie er z. B. bei Experimenten
in der Physik notwendig sei, in seinem ganzen Umfang auf unser Gebiet
zu fordern, vielmehr müsse daneben das übrige weite Teilgebiet der Para-
psychologie gleiche Beachtung finden.
Prof. V. M i k u s k a , Vertieter der Tschechoslowakei, hatte sich zum Thema
gewählt: „Zwecksetzung und Zielstrebigkeit der Biologie und Parapsychologie."
Der Redner ist als Verehrer Drieschs bekannt und hat für die Ausbreitung seiner
Lehre und biologischen Forschungen in der Tschechoslowakei durch besondere
Arbeiten beigetragen.
Zum Schluß hielt Dr. Hohlenberg aus Kopenhagen als Antroposoph einen
mit großem Beifall aufgenommenen Vortrag über „Spiritismus". Am Spätnachmittag
fand ein Empfang der Kongreßteilnehmer im Stadthaus durch den Bürgermeister
M. Mercouris statt, bei dem eine griechische Musikkapelle Märsche
und Hymnen des Landes spielte. Nach glänzender Bewirtung, bei der der Bürgermeister
seine Gäste begrüßte, worauf ihm Prof. Driesch und Sir Oliver Lodge
unser aller Dank aussprachen, spielte die Musik zum Tanz auf, so daß auch
dieser Tag, wie alle übrigen, nachdem er in seiner ersten Hälfte der Arbeit gedient
, wieder einen festlichen Ausklang nahm. t
Am Freitag, den 25. April, berichtete Gräfin W a s s i 1 k o , Wien, über einen
Fall supranormaler Erkenntnis bei einem neuen Medium Sabine de Costa. Es
handelte sich um einen interessanten Fall von Hellsehen, wodurch im Zusammenhang
mit einer sensationellen Kriminalaffäre (Frauenmord) Angaben gemacht
wurden, deren Richtigkeit erst viele Wochen später durch Feststellungen
der Polizei bestätigt wurden. Photographische Aufnahmen unterstützten die
Darstellung dieses Falles. Herr Carl V e 11, der in letzter Zeit in Konstantinopel
gelebt hatte, teilte einen Fall von Levitation bei einem Derwisch mit. In der
Diskussion machte ein junger, seit einiger Zeit in England lebender Herr, der
für die englische Gesellschaft sprach, den Versuch, den Fall in Zweifel zu ziehen
und die äußeren Bedingungen der Beobachtungsmöglichkeit (gedämpftes Licht
und große Hitze in einem Tempel) zu bemängeln, worauf Herr Vett diesen Einwand
zurückwies.
Dr. T a n a g r a hielt einen weiteren Vortrag über „Die telekinetischen Medien
in Griechenland", auf dessen Inhalt in dem späteren Gesamtbericht ver-
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