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Stinner: Bericht über den 4. Internationalen Kongreß in Athen

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Museum gleichenden Räume geleitet und in deren Kostbarkeiten unterwiesen.
Auch hier sorgte wieder ein köstliches Büfett mit erlesenen Genüssen nach einer
erlebnis- und genußreichen Woche für die leibliche Stärkung der mit vielen
schönen Eindrücken erfüllten Komgreßbesucher ,
Am anderen Morgen, wieder an einem strahlend schönen Sonntag, nahm sich
wiederum Dr. Tanagra unser an, indem er mich nebst meiner Frau sowie Gräfin
Wassilko und Baron Winterstein abermals im Auto über Phaleron an den Meeres-
strand fuhr, wo er in einiger Entfernung von der Stadt ein reizendes Sommerhäuschen
in ländlicher Stille besitzt. Am Nachmittag sahen wir vom Hotel den
Vorbeizug eines herrlichen, aus Anlaß der Jahrhundertfestlichkeiten stattfindenden
Festzuges, dessen prachtvolle geschichtliche Kostümszenen viel beklatscht wurden
und lebhaften Beifall fanden.

Am Abend vereinigte ein glänzendes Abschiedsbankett die Teilnehmer mit
ihren Gastgebern von der Hellenischen S. P. R. im Hotel „Akropol-Palace", zu
welchem auch die diplomatischen Vertreter der einzelnen Länder erschienen. Professor
Driesch gab in längerer Rede einen Ueberblick über die glücklich beendete
Tagung und drückte in herzlichen, eindrucksvollen Worten dem um das Gelingen
so hochverdienten Dr. Tanagra den aufrichtigsten Dank aus. Der große Fleiß
und die ungeheure Organisation der Vorbereitung, sowie die liebenswürdige UnH
sieht und Fürsorge Tanagras verdiene höchstes Lob. Ein jeder von uns habe den
Eindruck gehabt, daß Tanagra sich um ihn bemüht habe, als sei ein jeder dessen
persönlicher Gast gewesen. Zum Schluß setzte er ihm einen Lorbeerkranz aufs
Haupt, so daß Dr. Tanagras Anspielung aus seiner Eröffnungsrede buchstäblich
an ihm selbst in Erfüllung ging: der — doch so bescheidene — Triumphator
wurde bekränzt!

Im weiteren Verlauf des Mahles spendeten die einzelnen Ländervertreter
ihren Dank ab, wobei sie ebenfalls der liebenswürdigen Führungen durch Herrn
Philadelfeus und — nicht zuletzt — der glänzenden, fast prunkvollen Gastlichkeit
der Stadt Athen und seiner illustren Gesellschaft nicht vergaßen.

Tanzdarbietungen und zum Schluß Ball der letzten Festteilnehmer — so
endete ein Kongreß, der durch die nimmermüde Selbstaufopferung Tanagras
einen glänzenden, unvergeßlichen Verlauf genommen hatte.

Was die wissenschaftliche Ausbeute anbetrifft, so wäre derjenige vielleicht
enttäuscht, der epochemachend? Neuigkeiten von einer solchen alle paar Jahre
wiederkehrenden Veranstaltung erwarten würde, und doch ist die Ausbeute nicht
gering. Es handelt sich um einen Ueberblick über die Ereignisse der letzten Zeit,
und man gewinnt den erfreulichen Eindruck: es wird überall fleißig gearbeitet.
Bemerkenswert war auch in Athen wieder die zahlreiche deutsche Vertretung,
die mit den gleichfalls deutsch sprechenden Vertretern Ungarns, der Tschechoslowakei
und der Schweiz überhaupt wohl die größte Ländergruppe war. In
zahlreichen Diskussionen konnte man beinahe meinen, auf einem deutschen Kongreß
zu sein. (Driesch, Oesterreich, Kindborg, Kröner, Schwab, Sünner, Prof.
Hahn, Dr. v. Winterstein u. a.)

Während die Beurteilung von psychischen Phänomenen fast einheitlich war,
und es hier kaum mehr zu Zweifelsäußerungen kam, verhielt es sich anders bei
den physikalischen Untersuchungen. Hier war eine Trennung der Auffassungen
bemerkbar. Während Wereide, Kindborg u. a. mutig für die spiritistische These
fochten, wurden sie von dem größeren Teil der anwesenden Deutschen, Oesterreicher
, Polen, Ungarn, Tschechen, Norweger usw. unterstützt, während ein kleiner
Teil sich den höchst skeptisch sich gebärdenden jüngeren Vertretern Englands
anschloß die durch ihre Einstellung in neuerer Zeit auch außerhalb des Rahmens
dieses Kongresses Anfeindungen erfahren haben. Es ist einstweilen noch nicht
abzusehen, was bei Weiterentwicklung dieser Richtung die englische Gesellschaft
bei dem nächsten, 1932 in London stattfindenen Kongreß an wirklich Positivem
zu bieten in der Lage sein wird.

Von der älteren Generation ist die kritische Haltung von Driesch bekannt,
der mir auch gesprächsweise seine Ablehnung von Mirabelli und, was mich wunderte
, von Margery, aussprach und seine Skepsis gegenüber manchen bekannten
deutschen und ausländischen Medien. Unangefochten stand die hehre und imponierende
Erscheinung Sir Oliver Lodges vor uns, der auf Grund eines langen
Lebens sich mutig zum Spiritismus bekennt, wofür zahlreiche Verehrer in allen

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