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Price: Bericht über Laboratoriumsversuche mit Rudi Schneider. 399
Herr Josef Schneider, der Vater der Jungen, ist ein sehr intelligenter,
geachteter und liebenswürdiger Mann, jetzt 5o Jahre alt. Er ist Maschinensetzer
und wohnl über dem Geschäft, in dem er ununterbrochen seit 1{S Jahren gearbeitet
hat. Keine Spur von Anomalität läßl sich in seiner oder Frau
Schneiders Familie nachweisen und seine Enkelkinder haben bis jetzt keine
medialen Fähigkeiten gezeigt. Frau Schneider ist eine sanfte, anspruchslose
Frau und Rudi besitzt viele ihrer verfeinerten Eigenschaften.
Von den sechs überlebenden Söhnen Herrn Schneiders sind Rudi, Willi,
Jlans und Karl medial \ eranlagt, jedoch besitzen die beiden letzteren diese
Fähigkeit nur in einem sehr geringen Grade1). Willi war bis vor etwa zwei
Jahren ein glänzendes Medium, als das Verschwinden seiner Kräfie mit seiner beruflichen
Inanspruchnahme — als Zahntechniker — Hand in Hand zu gehen
schien. Die ersten Zeichen >on Willis medialer Veranlagung traten etwa im
Alter von i\ oder i5 Jahren auf, während Rudi im Alter von 11 Jahren erstmals
mediale Fälligkeiten zeigte. Rudi ist ein großer Sportsfreund und wurde
als Automechaniker ausgebildet.
Die Entstehungsgeschichte von Rudis Medialität ist interessant. Eines abends
hielleu di<» Freunde von Herrn Schneider eine Sitzung mit Willi ab, als die
Trancepersönlichkeit „Olga", die damals durch Rudis Bruder
sprach, erklärte, die Kraft sei nicht stark genug, Rudi solle „mithelfen".
Aber die Eltern des Jungen widersetzten sich, weil Rudi erst 11 Jahre alt war.
Rudi lag im Bett und schlief. „Olga" sagt© gar nichts, aber nach ein paa.r
Minuten öffnete sich die Türe und Rudi kam in tiefer Trance ins Zimmer
und nahm einen Platz im Zirkel ein.
Diese Geschichte veranschaulicht die merkwürdige telepathische Verbindung
, die zwischen den beiden Jungen bestand. Ein weiterer merkwürdiger
Umstand bei dieser Stegreifsitzung ist, daß ,,Oiga" sich nach jenem
Abend nie mehr durch Willi äußerte, da diese unbeeinflußbare junge Dame
sich an seinen jüngeren Bruder angeschlossen hatte. Eine andere Wesenheit,
„Mina", nahm Olgas Stellung in Willis Medialität ein und ,,\lina'' fuhr fori,
parapsychologische Geschichte zu machen, wie diejenigen wissen, die die Werke
Baron Schrencks gelesen haben.
Ich habe darauf hingewiesen, daß die „Trancepersönlichkeit", „Persön-
lichkeitsspaltung" „Olga-Personifikation" — - oder, wenn man Spiritist ist, der
Geist eines Verstorbenen „Olga" ursprünglich sich durch Willi Schneider
meldete. Natürlich befragten sie die Sitzungsteilnehmer über ihre Herkunft.
Olga erklärte, ihr voller Name sei Olga Lintner, die früher unter dem
Namen Lola Montez bekannt gewesen sei, eine internationale Abenteurerin,
deren Laufbahn in diesem Bericht erörtert wurde. Niemand hat „Lola"
oder „Olga" — ernst genommen und bis zum heutigen Tage ist das Geheimnis
von Rudis „Führerin, Beschützerin und Freundin" niemals aufgeklärt worden.
*) Mutter Schneider kann automatisch schreiben, hat diese Fähigkeit aus Zeitmangel
aber nicht weiter ausgebildet. Mit Karl Schneider wurden verschiedent
lieh Versuche als Sprechmedium angestellt. Anm. d. Uebers.
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