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Zeitschrift für Parapsychologie. 7. Heft. (Juli 1930.)
warum ich das getan habe", sondern ein© mehr oder weniger plausible
Erklärung finden. Der Vorsatz war im Geiste jener Person in latenter
Form oder unbewußt vorhanden, bis der Zeitpunkt kam, in dem er bewußt
wurde. Aber nicht in seiner Ge&amtheit ist er im Bewußtsein aufgetaucht
sondern nur gerade die Vorstellung des auszuführenden Aktes. Alles
andere: der Auftrag, der Einfluß des Arztes, die Erinnerung an dem hypnotischer
Zustand, blieb auch weiterhin unbewußt. Trotzdem wurde die Vorstellung
der in der Hypnose aufgetragenen Handlung in einem nestimmten
Augenblick wirksam. Wenn die Versuchsperson statt des eigentlichen Antriebs
zur Handlung (das ist hier der Auftrag des Arztes), der ihr unbewußt
geblieben ist, ein anderes Motiv angibt, sagen wir, sie hat ihr
Unbewußtes rationalisiert. Auch für viele unserer Handlungen
im täglichen Leben glauben wir die Begründungen zu kennen, die ober mit
der tatsächlichen Motivierung in vielen Fällen keineswegs übereinstimmen.
Die unproportionierte Reaktion, die Uebertreibung ist immer ein untrügliches
Zeichen dafür, daß unbewußte Vorgänge unsere Handlungsweise
beeinflussen.
Dieser von der Psychoanalyse betonte Gegensatz zwischen dem bewußten
Ich und dem Unbewußten lehrt uns also nicht nur den Ansprüchen des Tch
mißtrauen, sondern auch Vorsicht bei dir Unterscheidung dessen üben, was
zum Subjekte und was zur objektiven Außenwelt gehört; denn der Charakter
des Ichfremden, Ichfernen wird ja auch bis zu einem gewissen Grade .vom
Normalen dem eigenen Triebleben beigelegt. In diesem Zusammenhange darf
ich vielleicht auch mit zwei Worten auf eine ähnliche Erscheinung Iiinweisen,
auf den Mechanismus der Projektion, bei der die Ursache eines Vorganges
, der sich in der eigenen Persönlichkeit ^abspielt, also eines Innenvorganges
nach außen versetzt wird. Der Projektion gebührt einerseits ein regelmäßiger
Anteil an unserer normalen Einstellung zur Außenwelt
, insofern wir die Ursachen gewisser Sinnesempfindungen nicht wie die
anderer in uns selbst suchen, sondern sie nach außen, in den Raum hinaus
verlegen. Anderseits spielt die Projektion im krankhaften Seelenleben
eine wichtige Rolle, so in der Schizophrenie, Paraphrenie und namentlich in
der Paranoia mit ihren Beeinträchtigungs-, Verfolgungs- und Größen Wahnideen.
Die innere Wahrnehmung einer Triebregung, eines Gefühles wird hier unterdrückt
und zum Ersatz für sie kommt ihr Inhalt, nachdem er eine gewisse
Entstellung erfahren hat, als äußere Wahrnehmung zum Bewußtsein. Was
zum Beispiel als eigene Liebesregung vom Kranken verspürt werden sollte,
empfindet er als Haßaffekt, der von einer anderen Person ausgeht. Die Verfolgungsideen
richten sich also gegen jene Personen, auf die die Qualitäten
des unbewußten autonomen Komplexes projiziert wurden. Der Zweck der
Projektion als eines Abwehrvorganges ist ganz allgemein die psychische Entlastung
des Ich. Eine solche Konflikterledigung wird namentlich dort angestrebt
werden, wo das Gefühlsleben durch ein hohes Maß von Ambivalenz
gekennzeichnet ist. Das Wort Ambivalenz stammt von dem Züricher Psychiater
Bleuler und bezeichnet eine zwiespältige Gefühlseinstellung gegenüber einer
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