Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1930/0470
432 Zeilschrift für Parapsychologie. 7. Heft. (Juli 1930.)

oder von anderen noch zweifelhaften Phänomenen erst nachzuweisen, daß sie
bloß telepathischer Natur sind. An der Tatsächlichkeit der Telepathie selbst
scheint Freud im Grunde doch nicht zu zweifeln, wenngleich die von ihm gewürdigten
Fälle im Vergleiche zu den schönen Beispielen etwa aus der angelsächsischen
Literatur wohl als recht dürftig zu bezeichnen sind.

In einer einige Jahre später erschienenen Arbeit läßt Freud die nämliche
freundliche Einstellung zum Telepathieproblem erkennen. Aus Versuchen von
Gedankenübertragung, die er veranstaltet hatte, gewann er den Eindruck
, daß die Uebertragung von stark affektiv betonten Erinnerungen recht
leicht gelingt. Wenn man dann auch die Einfälle der Person, auf die übertragen
werden soll, einer analytischen Bearbeitung unterzieht, zeigen sich oft
seltsame Übereinstimmungen, die sonst unbemerkt geblieben wären. Die
Uebertragung soll nach Freuds Ansicht besonders gut in dem Augenblick zustande
kommen, wo die Vorstellung gerade aus dem Unbewußten des Senders
auftaucht. Im Anschluß hieran möchte ich auch mit ein paar Worten über
die interessanten Beobachtungen berichten, die die Wiener Aerztin Helene
Deutsch während der analytischen Arbeit gemacht hat. Sie nimmt
in ihrer darüber veröffentlichten Abhandlung eine technische Hegel für den
Analytiker, nämlich sich vorerst völlig passiv auf das vom Kranken gebotene
Material einzustellen, das durch dessen Unbewußtes determiniert ist, zum Ausgangspunkt
ihrer Erörterungen und gelangt so dazu, zwischen dieser unbewußten
Wahrnehmung durch den Analytiker und dem telepathischen Vorgang
eine Wesensverwandtschaft zu finden. Bei beiden Vorgängen wird nämlich
eine vom Objekte stammende Botschaft auf dem Wege der Identität seelischer
Inhalte zwischen Subjekt und Objekt, also auf Grund eines parallelen psychischen
Ablaufes zum eigenen Innenerlebnis umgewandelt und sodann zur reizsendenden
Ursprungsstelle rückprojiziert. Während diese Rückprojektion aber
beim telepathischen Phänomen in den dunklen Tiefen des Seelenlebens vor sich
geht, vollzieht sie sich beim Analytiker im Wege der nachträglich vollbewußten
, alle Lücken des Innemerlebnisses ausfüllenden Gedankenarbeit. In dem
einen Fall, wo Helene Deutsch Gelegenheit hatte, das Zustandekommen eines
Kontaktes zwischen ihrem Bewußtseinsinhalt und dem Unbewußten des Patienten
mit Umgehung der normal-physiologischen Sinneswege während der
Analyse zu beobachten, spielte sich folgendes ab: In der Analysenstunde beschäftigten
sich die Gedanken der Aerztin intensiv mit ihrem unmittelbar bevorstehenden
achten Hochzeitstag, wodurch ihre analytische Aufmerksamkeit beträchtlich
gestört wurde. Tags darauf — es war der Festtag — erzählte die
Patientin gleich zu Anfang der Stunde einen Traum der letzten Nacht, der
mit den Worten beginnt: „In einer Familie wird der achte Hochzeitstag gefeiert
." Helene Deutsch behauptet nun, daß. die Patientin auf normalem
Wege von dieser Tatsache absolut keine Kenntnis erlangt haben konnte. Der
übrige Trauminhalt erwies sich als durch den Oedipuskomplex der Patientin
und durch Identifizierung mit der Analytikerin auf Grund der „Uebertragung"
determiniert. Aber das erste Stück des Traumes deutet auf telepathischen Ursprung
; die tieferen Schichten des seelischen Apparates der Patientin waren


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1930/0470