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Zeitschrift für Parapsychologie. 7. Heft. (Juli 1930.)
der Zeitschrift, also eine Angelegenheit des Verlages handelt, möchte ich ein
Schreiben hier wiedergeben, das bei letzterem ganz spontan, also ohne mein
Wissen und Zutun, eingelaufen ist, und welches, wie ich sehe, dem Gedanken
zahlreicher anderer Leser und Mitarbeiter entspricht:
An
Oswald Mutze, Verlag.
Zeitschrift für Parapsychologie.
Leipzig.
Sehr geehrter Herr Mutze!
Durch einen Bekannten wurde ich auf den Bericht von Professor Oesterreich
über den Athener Kongreß im Unterhaltungsblatt der Vossischen Zeitung
(Nr. 122 vom 27. Mai 1930) aufmerksam gemacht. Mit Befremden las
ich darin die kaum versteckten Angriffe gegen die Schriftleitung der Zeitschrift
für Parapsychologie, insbesondere gegen Dr. S ü n n e r, dem der Vorwurf
einer Bevorzugung der spiritistischen Richtung und damit der Vorwurf
der Parteilichkeit gemacht wird. Ich meine, im Gegensatz dazu müsse jeder
unbefangene Leser der Jahrgänge seit Sünners Schriftleitung den Eindruck
gewinnen, daß darin alle Richtungen gleichmäßig zu Worte gekommen sind.
Wenn aber dann noch in dem erwäfiniten Artikel auf „starke Kräfte" hingewiesen
wird, die bemüht seien, „der genannten Zeitschrift in absehbarer
Zeit einen exakt-wissenschaftlichen Charakter zu geben", so Hegt darin ein
weiterer Vorwurf, daß der bisherige Charakter der Zeitschrift nicht exakt
wissenschaftlich gewesen sei.
Dieser Vorwurf trifft ebenfalls nach meiner und wohl auch vieler anderer
Ansicht den genanntem Herrn durchaus unverdient. Wird doch seine wissenschaftliche
Einstellung durch seinen Beruf als Facharzt für Nervenkrankheiten,
seine Stellung als Oberarzt an einer städtischen Heilanstalt und nicht zuletzt
durch seine eigene Tätigkeit als Forscher und Schriftsteller zur Genüge bewiesen
. Wenn aber das Wort vom exakt-wissenschaftlichen Charakter nach
bekanntem Muster etwa so auszulegen ist, daß nur eine negative Einstellung
als wissenschaftlich gilt und daß die Zeitschrift solchen Fachvertretern als
Schriftleitung in die Hände gespielt werden soll, die unter dem Anschein
wissenschaftlicher Kritik die parapsychischen Phänomene entweder wegdisputieren
oder allenfalls zu einer Art höherer Physik zurechtbiegen wollen,
so möchte ich mir erlauben, Sie schon heute darauf aufmerksam zu machen,
daß wohl ein großer Teil Ihrer bisherigen Leser diese Kursschwenkung nicht
mitmachen dürfte. Vielleicht kann Ihnen das Schicksal der seinerzeit aus
gleichen Gesichtspunkten herausgegebenen Zeitschrift für kritischen Okkultismus
von Encke-Stuttgart zur Warnung dienen, die nach kurzem Erscheinen
ihre Tätigkeit wieder einstellen mußte. Bereits jetzt ist das wissenschaftliche
Niveau Ihrer Zeitschrift in einer an sich begrüßenswerten Weise so hochgeschraubt
, daß es breiteren Leserkreisen auch des gebildeten Publikums dem
Inhalt zu folgen schwer wird und dadurch für andere, mehr gemeinverständliche
Blätter der Boden vorbereitet ist. Wenn Sie sie jetzt den in der
Vossischen Zeitung angedeuteten „starken Kräften" überantworten, kann es
# leicht dahin kommen, daß nur noch einige wenige Fachgelehrte (zu denen
dann wohl auch der ergebenst unterzeichnete nicht mehr gehören dürfte) und
vereinzelte Bibliotheken den Leserkreis Ihrer Zeitschrift bilden.
Mit vorzüglicher Hochachtung
28. 5. 1930. Kindborg.
Wir bedauern, wie oben betont, den Angriff Oesterreichs, sehen uns aber
im Interesse der von uns geführten Sache zu dieser Erklärung verpflichtet.
Dr. S ü n n e r.
Das Wesen des Okkultismus.
In einem Aufsatz „Vom Ursprung zur Vollendung" schreibt F. W. Schaafhausen
über Okkultismus:
„Gerade in dem von Diederichs und Liebmann abgelehnten Okkultismus
sehe ich einen tapferen und notwendigen Schritt auf dem Wege zur Zukunft.
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