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Price: Berichte über Laboratoriumsversuche mit Rudi Schneider. 519
Fünfzehnte Demonstrations-) Sitzung,
Donnerstag, den 2. Januar 1930.
Wem* ich die dreizehnte Sitzung als „absolut glänzend" bezeichnet habe,
weiß ich wirklich nicht, wie ich die fünfzehnte nennen soll — in mehr als
einer Hinsicht war sie die außergewöhnlichste Sitzung, an der ich je mit einem
der beiden Brüder Schneider teilgenommen habe.
Wir führten mehrere Neuerungen in der Zusammensetzung des Zirkels
ein. Erstens kontrollierte Lord Charles Hope unter Mithilfe von Miß Virginia
Baggallay. Lord Charles hatte zuvor noch nie kontrolliert. Zweitens saß ich auf
der äußersten Linken des Zirkels (am weitesten entfernt vom Medium) und be-
diente die elektrische Installation, diesen Platz hatte ich früher noch nie einge-
nommen. Drittens war der Zirkel sehr klein — er bestand nur aus sechs Personen
mit dem Medium. Ich bin zu dem Ergebnis gekommen, daß kleine Zirkel
für die Hervorbringung der Phänomene günstig sind. Ich durchsuchte Rudi unmittelbar
vor der Sitzung, hierauf zog er meine Schlafanzugjacke an.
Es fand auch von Seiten Olgas eine „Neuerung" statt. Sie bestand darauf,
daß jeder der Anwesenden den Vers eines Liedes singen müsse1), was (für
einige von uns) fast so schwierig war, wie die Hervorbringung eines Phänomens
. Aber wir lafen ihr den Gefallen — in dreierlei Sprachen!
Unter den beobachteten Phänomenen war weiterhin beachtenswert die fast
ununterbrochene Bewegung der Vorhänge. Das Bewegen, Schütteln
und Aufblähen ergriff erst den einen, dann den anderen (sie hängen getrennt
). Zehn Minuten lang sah der mir gegen überhängende Vorhang aus,
als ob ein aufgeblasener Luftballon ihn vorgewölbt hätte — er blieb unverändert
(alle Sitzungsteilnehmer bemerkten dies), nur daß Lord Charles meinte,
die Wölbung vergrößere sich.
Genau wie in der dreizehnten Sitzung fuhren die Gegenstände vor der Kabinettöffnung
(der Kontaktklappen-^pparat, die Vorhänge usw.) fort, sich zu bewegen
, auch während Lord Charles (in der i3. Sitzung) oder ich die Kette
unterbrachen, um den Rheostaten zu regulieren oder heruntergefallene Gegenstände
aufzuheben. Ein weiterer besonderer Umstand bei dieser Sitzung war,
daß das Tischchen fast während der ganzen Zeit, in der sich Rudi in Trance befand
, herumhüpfte — oder kühn herumgeschoben wurde.
Es war recht belustigend — und ein wenig rührend — zu sehen, wie besorgt
Olga um anich war. Da es das erstemal war, daß ich mich auf der äußersten
Linken des Zirkels befand*, hatte sie solche Angst, daß mir etwas entgehen
könnte. Der Platz links von der Vorhangöffnung ist nicht sehr gut zur Beobachtung
der Manifestationen. Olga forderte mich deshalb fortwährend auf, die
Vorhangöffnung genau zu beobachten. Meine Wachsamkeit wurde
1 eichlich belohnt. Ich bin wirklich so egoistisch, anzunehmen, daß ein Teil der
Phänomene eigens für mich gemacht wurde.
*) In Braunau verlangt Olga dies sehr oft. Uebers.
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